Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 18.–21. Oktober 1931


zu »Leutnant Komma« v. Marr (eine Fr. Dr. Meller) Es soll angeblich
ein ganz gutes Stück sein. Es sind noch Stunden bis zum Abend. Lang und
einsam sind oft diese Sonntage– Die Stille im Hause oft beängstigend.
Gottlob guter Brief von Hery.

19ten Okt. – Gestern Abend sehr dürftiges Stück in hübscher Aufmachung
A. schlief zumeist. Sein Aussehen furchtbar. Mein Herz setzte oft aus
vor Angst. Nachher im »Vindobona« genachtmahlt. A. wurde nachdem er ge¬
gessen hatte viel frischer. Er betrachtete mit lächelndem Mistrauen ei¬
nen blauen Fleck auf meinem nackten Arm. Ich leide seit August an einer
Angio Neurose wie Dr Bl. diese kleinen blauen Beulen nennt und Folge der
Aufregungen sind[,] aber ich liess ihm sein Mistrauen und lächelte eben so
listig zurück. Vielleicht besser so. Er sah immer wieder hin – – Fand mich
übrigens gut und hübsch aussehend und sagte es mir.

Heute Abend um ½7 rief A. mich an (obwol er gesagt hatte dass er zu Hau¬
se bleiben wird) ob ich mit ihm ins Kino gehen will. Ich sagte sehr glück¬
lich: »Ich bin ja froh wenn du mit mir gehen willst« aber er reagierte
eher kühl und befangen so als ob jemand bei ihm im Zimmer währe – Viell¬
leicht Einbildung. Er holte mich ab. »Caffee Paradiso« Spannender Film.

20ten Heute Vor-Mittag hat A. angeblich in der Stadt, Credit[-]Anstalt zu
tun und will dann bei seiner Schwester essen, wie er mir sagt. Immer ist
er unterwegs und sieht aus dass einem das Herz still steht bei seinem
Anblick.

Ich hab das Gefühl dass er die Cl. trifft aber ich bin zu müd um zu for¬
schen und zu sehr in Angst um ihn, als dass ich anderes denken könnte.
Abend sollen wir ins Theater gehen

22ten Oktober. Gestern Abend in der Komödie beim »Gerichtsvollzieher«
ein Schand-Stück. Karlweis und Sybille Binder spielten. B. enttäuschte
uns diesmal. Wir haben uns Beide für sie geschämt dass sie in so einer
Rolle spielt