Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 17.–25. September 1931

Ich habe D.r D. letzthin erklärt, ich werde zuschaun, wie lange ich diese
neue Vereinbarung aushalte, was daraus wird und wie ich mich dabei fühle.
Ich werde kaum lange zuschauen können – nur A. muss es erst besser gehen, ich
leide und lieb ihn doch–

Ich schreib nichtmehr täglich ein weil mein Leben mich anekelt – Ich umkrei¬
se sein Haus – fühl alle Unwahrheiten. Dazu trostloses Wetter – Kälte schon
jetzt. Man muss heizen u. den Pelz anziehen. Manchmal schreib ich an meinem
Roman, aber es giebt Tage, wo ich einfach nichts tue – vor mich hinstarre.
Dieser furchtbar frühe Herbst, und ein Winter wird kommen– –

Sonntag 20ten September.

Mittag mit A. bei Szolnay (Col Alto Palais) zu Tisch mit den jungen Zsolnays.
(Sie Tochter der Alma) Werfel ohne Alma (die in Italien zur Kur) Tandler.
Ganz angenehm. Abend allein mit A. Trostlos.

21. Heute sagt mir A. am Telefon sehr beiläufig, die Cl sei am Vormittag
auf einen Sprung bei ihm gewesen, so als ob er sie in der Woche die sie in
Wien ist noch nicht gesehen hätte – Lügen nichts als Lügen. Welche Rolle
spiele ich dabei? Und wozu– –

22ten

Abend Kino, dann jeder nach Hause. Süd-See Film. Ödigkeit. Ich gebe mir
umsonst Mühe freundlich zu sein.

23. Sept. A. Abend endlich bei mir. Ihm das erste Roman-Kapitel vorge¬
lesen. Er findet es ausgezeichnet. Sonst trostlos öd – – Sein Aussehen arg.
Welche Conflikte müssen in ihm sein– Und Dr. D. versteh ich nicht.

24ten. Sturm Regen Kälte Einsamkeit. 2. Kapitel begonnen Mit A. nur kurzes
Gespräch am Nachmittag. Cl. offenbar bei ihm. Diese Person gehört nieder¬
geschlagen.

25.ten

Unangenehme Zahnbehandlung. Schmerzen. Regen Sturm.– Von Hery guten Brief.
arbeitet und fühlt sich wol. Soll am Abend mit A. in die Oper, fürchte mich