Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 27.–30. Juni 1931


Ich bringe kein Wort mehr über die Lippen. Zuhause Harry: »Wie siehst
du aus? Kann ich dir helfen?« 4 Allonal. Jetzt seit 6 Uhr wach.

Mit A. kurzes Telefongespräch, will morgen über den Sommer weiter
reden. Ich reagiere nicht. Abend die Kinder bei mir, letztes gemeinsa¬
mes Abendessen. Nachmittag war Melingo da beim Einpacken helfen. In
2 Stunden war es erledigt. Dann fuhren er und Harry gleich zur Bahn
das Gepäck absenden.

28.6. Vormittag mit A. Autofahrt. Er möchte eventuell nach Hofgastein.
Ich sage, dass ich natürlich auch nach Hofgastein gehe, wenn es ihm lie¬
ber ist und er mit mir zusammen sein will. Er antwortet: »Nein, es ist
mir lieber, wenn du nach Bad Gastein gehst«, ein Zusammensein am selben
Ort scheine ihm nicht wünschenswert. Das muss man sich sagen lassen!
Dann will er ein paar Tage ganz allein wo anders hin, ohne jede Ver¬
pflichtung. Dann Heini, O. und Arnoldo treffen und schliesslich auch
mich. Nein, auf eine solche Einstellung werde ich meine Zukunft nicht
aufbauen, nein, nein, nein!

Abend »Komparserie« in einer Loge mit A. und dem alten Schwarzkopf,
den man von allen Seiten stützen muss, damit er nicht umfällt. Nachher
ödes Nachtmahl bei Schöner mit Heini. Ich habe ein Gefühl, als ob ich
selbst in den letzten Zügen läge – und morgen fährt Harry fort. Heute
ist er den ganzen Tag an der Donau gewesen mit Thea Graf, er lag ganz
braun gebraunt im Bett, als ich heimkam. Wie fühle ich in diesen Tagen,
dass er mein Kind ist. Mein Weg ist nicht mehr lang.

29.6. Abend. Harry fort. Ich kann nicht mehr.

30.6. Ich sehe aus wie eine Wasserleiche. A. Vormittag bei mir im
Garten. Neuer Vorschlag; zusammen am 15. auf den Semmering, dann er
allein, eventuelle kurze Zusammenkunft mit O., dann wieder ich, aber
er kann keinerlei Versprechungen machen, was seine Stimmung oder sein
Wesen anbelangt.–Ich sagte sehr wenig, weil ich viel zu müde bin und es