Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 30. Juni – 4. Juli 1931


auch gar nichts mehr nützt.

Zwei Karten an Harry abgeschickt, Gestern Abend mit Thea Graf telefo¬
niert, mit der er in den letzten Monaten sehr befreundet war. Sie tut
mir so leid. Mein Befinden elend.

2.7. Grosse Hitze. Mein Befinden sehr schlecht. Wenn ich in den Spie¬
gel schau muss ich weinen. Herzbeschwerden. Vormittag Globocznik
bei mir im Garten. Mittag Abschiedsessen bei A. für Heini, Frieda auch
da. Bat Heini beim Abschied keine gefährlichen Touren zu machen. Er
gab mir verständnisvoll und herzlich die Hand.

Nachmittag Tante Russo, dann zu Emmy Redlich. Abschiedsbesuche und
Verpflichtungen nach allen Seiten. Elende Nacht. In der Früh Gespräch
mit Dr. Selinger. Gestern Vormittag in der Stadt mich wiegen zu lassen:
53.20. Nachmittag mit Gerty Hofmannsthal. Abend mit A., der mich holte,
nach Mödling, Hayek, Vorderbrühl, genachtmahlt. Trostloser Abend. Sein
Sohn mit Frau Clauser und Gesellschaft im Prater drahn; offenbar
wär er lieber dort gewesen.–-

3.7. Radiotelegramm von Harry. Er ist unterwegs. Heute etwas wohler.
Vormitta[g] brachte mich A. in die Stadt. Er kam wie ein Irrsinniger
[h]erüber und erklärte, jetzt halte er es hier nicht mehr aus und er
gehe vielleicht vor mir schon auf den Semmering.–Ein paar Tage Allein¬
sein. Gut, gut, ich kann nicht mehr reden! Abend Marianne P. und ihr Sohn Franz
Cary und Magdi bei mir. Kaltes Nachtmahl auf der Terrasse. Fühlte
mich Marianne P. verpflichtet, weil sie Harry sehr gute Empfehlungen
mitgegeben hat. A. rief um ½11 Uhr noch an, als ich schon allein war.

Heini heute fort. Tropische Hitze.

4.7. Vormittag Anna bei mir. Zusammen im Türkenschanzpark gegessen.
Hitze abnorm, aber es kommt ein Gewitter. Sehr lieber Brief von
Harry, noch aus Hamburg. Abend bei Wellecz, A. frischer und etwas freund¬
licher als sonst. Gerty v. Hofmannsthal spricht zu viel und zu monoton.