Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 29.–30. Mai 1931


stumm neben jemand im Kino sitzen oder nachtmahlen zu dürfen, das sei doch
zu wenig, um es lächelnd zu ertragen. Ich liess mich leider hinreissen, ihm
die Szene wegen der Masseurin zu erzählen, d.h. er erpresste die Nennung des
Namens, indem er mir drohte, er werde A. fragen, warum und um wen ich ihm miss¬
traue.

Wenn er sich lieber anstatt sich so gegen mich zu benehmen um A. gesundheit¬
lich mehr bemühte. Er hat ihm eine Mischung von Digitalis und Diuretin ge¬
gegeben, ohne eine Diät zu verordnen. A. hat gestern Mittag Marillenknödel,
zur Jause Annanaserdbeeren und zum Nachtmahl Gansl, Gurke und Bier genommen.
Er leidet heute am Durchfall und sehr üblen Befinden. A. rief bei Dr. D.an,
während ich bei ihm war (bei Dr. D.). D. verordnete Sistierung des Medikaments,
bis der Darm sich beruhigt hat.

29.5. Ich flehte D.heute telefonisch an sich mehr um A. zu kümmern.–Am
Abend mit Beer-Hofmann und Direktor Geyer drüben zum Nachtmahl. A. sah elend
aus. Am Heimweg bat ich Beer-Hofmann beim Direktor Geyer zu erreichen.
dass Heini den Theodor in der »Liebelei« spielt, die zur Feier des 70. Ge¬
burtstags A.'s bei Reinhardt aufgeführt werden soll. Ich weiss es würde A.
freuen.-

Cary und Magdi aus der Schweiz zurück, waren heute Nachmittag bei mir; sehr
herzig.

30.5. Kurzes telefonisches Gespräch mit A., aus dem Uebelbefinden und Un¬
aufrichtigkeit spricht. Er bleibt Abend mit Heini allein zuhaus. Das sagt
er mir schon dreimal und immer ist Heini dann im Theater und nicht zuhau¬
se gewesen. Auch ein guter Sohn! Ich glaube die Ruth hatte Recht, dass sie
dieser Familie entflohen ist.

Mittag meine Kinder, Cary, Magdi, Harry. Beide, Cary und Magdi sehen sehr gut
aus, aber nicht so gut, als ich erhofft habe. Harry eigentlich an besten.

Ich war schon drei Tage nicht in der Stadt, liege in der Sonne, um abzubren¬
nen, und nur, wenn mein Herz zu stark reagiert, gehe ich ins Haus.