Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 23.–27. September 1930

23.9. Wir sollen am Abend in ein Variété gehen uns aufheitern. A. will
Karten zu Ronacher nehmen.

24.9. Mädchenscherereien, suche eine neue. Nachmittag kurzer Spazier¬
gang mit A. A. sehr beflissen und irgendwie verlegen, ich weiss nicht wa¬
rum. Abend bin ich bei Otto, Emy.

25.9. A. telefoniert, dass er heute Abend bei Georgette Boner im Hotel
nachtmahlt. Freiheit! Ich bin gleichmässig heiter und freundlich. Ich
esse Mittag bei ihm, da das neue Mädchen erst, morgen kommt. Bin heiter,
gesprächig. Im Abend bei Tante Clara, dann Hummel in der Stadt. (Demission
Cabinet Schober). Man wird es bereuen.

Baronin Guthmann ruft mich an, sie sei vorübergehend in Wien, ob ich nicht
für ein paar Tage mit auf ihr Gut möchte. Wie gerne möche ich gerade
jetzt, aber ich kann das Haus nicht mit einem neuen Mädchen allein las¬
sen. Pech! Es wäre gesund für A., wenn ich fortführe – -

26.9. A. Anruf von grosser Freundlichkett, fragt, was ich gestern getan
habe. Antwort: Ich war in der Stadt und bin nach 9 Uhr nachhause ge¬
kommen. Er: Unbegreiflich, was macht man so lang am Abend in der Stadt?
Ich: Bummeln. Dann erzählte ich von der Aufforderung Guttmans und dass
ich wohl später nach Zalamber fahren dürfte.

Vormittag mit A. Maria Theresien-Ausstellung. Mir kamen Thränen in
die Augen als ich das Schlafzimmer Kaiser Franz Josephs betrat. Welche
Einfachheit zwischen all dem Prunk.

A. von grosser Beflissenheit und Aufmerksamkeit, hinter der bestimmt
irgend eine kleine Falschheit steckt. Er kauft mir Kavier und Näschereien.
Ich bin sehr freundlich und lasse mir nichts anmerken. Abend Kino, dann
Imperial.

27.9. Mittag die Kinder. Nachmittag holt A. mich zum Spazierengehen. Er
ist sichtlich nervös und befangen. Ich wette, er hat für Abend etwas
vor. Er erzählt mir, dass Frau Schmidl, (Schwester der Dora M.) ihn zum
Nachtmahl gebeten, daß er aber abgesagt hat.