Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 14.–22. September 1930


A. Betonte Kühle. Dabei sieht er sehr gut aus und ist viel weniger ner¬
vös. Sowohl Frieda wie Dr. D. sagten mir (D. telefonisch), wie A. sich
in den 14 Tagen erholt hat und D. findet ihn in so guter Verfassung, wie
schon lange nicht. Nur nicht verschreien! Aber warum ist er wieder so
merkwürdig gegen mich?

16.9. Vorarbeiten für Helena. Nachmittag mit Magda in der Stadt.

17.9. Zu Tisch mich bei A. angesagt, wo auch Frieda war. Mein neues
Herbstkleid angehabt. Ich sah angeblich gut aus. Abend mit A. bei Ariadne
Wundervolle Oper. Text (Hugo) sehr reizvoll. Kern und Angerer bezaubernd.
Louis Friedmann zufällig neben A. Nachher Imperial. A. fand mich be¬
sonders gut aussehend.

18.9. Jetzt geh ich zu Wildgans. Gott steh mir bei. Es ist eine Schick¬
salsstunde für mich. Nie lag mir an einer Arbeit so viel. Unterredung
kurz und befangen von beiden Seiten. Verspricht in 14 Tagen zu lesen.
Abend Anna bei mir sehr begeistert von ihrer Reise. Abend mit A. im
Kino. Manchesmal glaube ich es ist gut, so still und friedlich wie es
jetzt ist und dann fühle ich wieder dass ich diese Stumpfheit nicht
ertrage. Was denkt er, was will er?

Cary-Magdi, Harry zu Tisch. Sina will jetzt nicht in die Scheidung
ohne Alimente willigen, nachdem sie vor Wochen eine diesbezügliche schrift¬
liche Erklärung abgegeben hat.

Gegen Abend kleiner einsamer Spaziergang. Ging auch an A.'s Haus vorbei.
Das Fenster seines Schlafzimmers beleuchtet. Plötzlich war ein törichter
Verdacht in mir. Oder vielleicht ist er gar nicht töricht

22.9. Einsamer Sonntag. Erst Abend zu A. Anni und Ferry D. zum Nacht¬
mahl. Viel gelacht, da Ferry wirklich komisch und erheiternd wirkt, findet
A. in ausgezeichneter Verfassung.

Heute gegen 7 Uhr mit A. vorübergehendes Gespräch
über sein Wesen. Ich lenkte bald ein, da es ihn zu irritieren schien.