Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 14. September 1929


zu liebenswürdig. Dass die meisten Weiber doch immer zu sind!

Dann fuhr ich in die Stadt und besprach mit dem Fleischhauer
und Selcher Hieblinger in der Stallburggasse die Fleischbelieferung,
sein Wagen kommt jeden Morgen in das Cottage (oder sagt man den Cot¬
tage?), ich glaub nicht. Er ist um ein paar Groschen teuerer, aber er
hat das beste und verlässlichste Fleisch in Wien und den schönsten
Schinken. Ich würde ihn Dir auch empfehlen.

Ich bin schon sehr neugierig auf Deinen ersten ausführlichen
Bericht und schreibe Dir dann jedesfalls noch einmal und dann kommst
Du selbst – - – Ichfreue mich schon so darauf! Ich habe Deine Parfum¬
flaschen in meiner Reisetasche mitgenommen, ich hoffe, Du vermisst
sie nicht, erstens brauchst Du Dich nicht zu parfümieren, wenn ich
nicht dabei bin und zweitens macht es mir Vergnügen hie und da an
ihnen zu schnüffeln, sie erinnern an Dich und mancherlei.

Das Wetter ist andauernd wundervoll, ich schreibe Dir auf
meiner Terrasse, in dem Dir bekannten weissen ärmellosen Kleid und
friere ausnahmsweise nicht.

Haben Beer-Hofmanns nach mir gefragt? Und was hast Du ihnen
gesagt? Du wirst wohl in Ma. noch andere Bekannte zufällig treffen.
Ich habe mich ausser bei den Geschwistern noch nirgends gemeldet.
Frieda soll heute ankommen und vielleicht sehe ich sie morgen. Gestern
vor dem Einschlafen las ich wieder im »Spiel der Sommerlüfte« und fand es
noch schöner. Nur die Stelle mit der Beichte und dem Zweifel im 2.
Akt störte mich wieder. Es müsste dasselbe ein wenig anders, vielleicht
stärker gesagt werden und der Schluss dieses Aktes ist um ein oder zwei
Repliken zu kurz, zu plötzlich.

Jetzt will ich diesen Brief persönlich in einen Kasten
werfen und ein wenig spazierenbummeln, dann arbeite ich noch ein wenig
und dann kommen Otto und Emmi zum Nachtmahl. Und dann ist wieder ein
Tag um und nur noch drei Tage bis Du da bist. Freust Du Dich auch?

Ich umarme Dich.Deine C.K.