Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 2.–8. April 1929

2.4. Bei einem unerträglichen Stück von Lenormand »Magische Liebe«. Dann
in der »Linde« genachtmahlt. Gutes Einvernehmen.

3.4. Wetter weiter grauslich, trotzdem winzige grüne Spitzen an den Sträuchen
Man kann es kaum glauben. Vormittag brachte mich A. mit Auto zu Anna. Abend
sollen A. und Schwarzkopf bei mir nachtmahlen.

4.4. Der Abend wäre sehr nett gewesen, aber A. fühlte sich physisch nicht
wohl, musste immer ans offene Fenster, Kongestionen, Schweiss, schlechtes Aus¬
sehen etc. Ich mache mir Sorgen. – Schnee auf allen Bäumen – ein ewiger
Winter. Harry hat Heiratsabsichten. Es wäre ja sehr gut für ihn, aber ich
fürchte, das Mädel wird mir nicht gefallen. – Viel Biographisch gearbeitet.
A. gegen Abend auf einen Sprung bei mir. Sehr lieb.

5.4. Vormittag mit A. im Künstlerhaus (Liebermann etc.) Mittag bei ihm.
Abend bei Dreigproschen-Oper, bin sehr impressioniert, dann in der »Linde«.
Besonders guter Tag. A. besonders lieb zu mir, sagt mir unausgesetzt, wie
gut und elegant ich aussehe. Flitterwochenstimmung.

6.4. Harry verlobt. Das war rasch. Ich erwarte ihn eben mit seiner Braut.
Ich bin nicht sicher, dass sie mir gefallen wird – -
Alles ist weiss von Schnee und 3 Grad Kälte in der Früh. Was für ein son¬
derbares Jahr.

7.4. Also, ich bin flau auf die Sache. Das Mädchen ist nicht unsympathisch,
sehr lebendig (arisches Bürgertum), nur zu Chick sein wollend. Die Sache
scheint vor allem pekuniär nicht fundiert.

Abend bei A. Er ist lieb und zärtlich, aber gleichzeitig müd und traurig.
Erfreulich ist es nicht.

8.4. War bei Turnowskys. Vater sehr nett, Mutter hübsch, will chick, elegant
und gebildet scheinen, aber ich glaub ihr das alles nicht. Mädi frecher
Fratz und sehr verwöhnt.

Abend mit A. im Kino »Sturm über Asien«. Dann »Linde«. A. etwas heiterer
und sehr zärtlich.