Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 9.–20. April 1929

9.4. So! A. telefoniert mir: Brief von Arnoldo. Er macht jetzt Prüfung
und will ihn dann sehen. A. hat die Absicht ihn in Klagenf[u]rt oder in
der Umgebung im Mai zu treffen und natürlich soll die O. auch hinkommen.
Also Frühlingsausflug mit Gattin und Schwiegersohn!

Am Sonntag während A. an meinem Herzen lag, sagte ich zu ihm: »Fahren wir
doch aus diesem grauslichen Wetter fort.« Er antwortete: »Ja, ich möchte
gerne mit dir wo anders sein, aber das Einpacken, das Reisen ist so
schrecklich.« Arnoldo und C. wünschen, und er ist bereit. Die Sache scheint
ja schon in Berlin verabredet worden zu sein.

Tiefe Verstimmung, Depression auf beiden Seiten. Unerfreuliche Gespräche
mit Frieda. Bei Anna, die noch immer nicht ausgehen kann. Absage von Ull¬
stein.

14.4. Abend bei A. Er lag fast den ganzen Abend am Divan, sah elend aus,
hatte Kopfschmerzen. Ich hockte neben ihm, streichelte ihn. So vergingen
Stunden. Heute vor einem Jahr hat er mit Lili die Seereise angetreten.

16.4. Vormittag Friedhof. Sterbetage: mein Mann und unsere gute alte Ma¬
demoiselle. Wetter sehr kalt. Abend bei A. mit Hofrätin Z. A. animierter
als sonst.

17.4. Vormittag Stadt, Abend bei A. mit Frieda und Bruder, Ehepaar Askonas
und Dr. Hans Schnitzler (Sohn von Julius). Gemütlicherer Abend. A.
in guter Stimmung.

18.4. Nachmittag kleiner Spaziergang mit A. Dann brachte er mich zu Anna,
wo ich für den Abend blieb. Gespräch mit Benedikt am Telefon. Meine Novelle
an ihn abgeschickt. Er machte mir Vorwürfe, dass ich so lange nichts geschrie¬
ben habe und auf meinen Einwand, ich wollte nicht zudringlich sein, antwor¬
tete er: »Eine Schriftstellerin von ihrem Rang hat das nicht zu befürch¬
ten.[«]

20.4. Wundervoll im wahrsten Sinn. Türkenschanzpark in der Sonne gesessen.
Wie dankbar ist man für ein wenig Sonne. Abend im Kino mit A. »Geld«.