Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 21. Oktober – 15. Dezember 1928

21.11. Gestern Abend A. bei mir gemachtmahlt. Ich habe beim Kochen
helfen müssen, weil Sophie wenig kann, aber es war alles sehr gut. Heute
A. um 10 Uhr schon bei mir guten Morgen sagen und abends mit ihm im
Theater »Lebender Leichnam«, Waldau fabelhaft.

Ich betrachte meine Wohnung mit Rührung. Sie ist unerhört schön. Ich
habe eben nur die besten Sachen mitgenommen und genau gewusst für wel¬
chen Platz. Und dazu diese wundervollen Bäume und all die Bequemlich¬
keit, auf die ich seit Jahren verzichtet habe. A. zweimal täglich bei
mir, wenn auch nur auf halbe Stunden. Lieb und zärtlich. Gott, wenn es
so bleiben könnte.

Harry zweimal in der Woche bei mir zu Tisch.

23.11. Zu arbeiten begonnen. »Charlotte Corday«! Heute Abend mit A.
Kino, nachher »Linde« genachmahlt. A. sehr, sehr lieb.

24.11. ½6 Nachmittag. A. eben bei mir gewesen. Heute stiller einsamer
Abend zuhause für uns Beide. Arbeiten! Mittag Harry bei mir gewesen,
dann Frieda.

25.11. Ich komme nicht so viel zum arbeiten als ich möchte. Tausend
entzückte Besucher! Sophie untüchtig,ich muss mich zu viel um die
Wirtschaft kümmern. A. sehr lieb, fast jeden Tag mit ihm zusammen. Bei
»Artisten« gewesen. Grosser Schund, mit Inszenierungskünsten von Rein¬
hardt. Hugo Hofmannsthal flüchtig gesprochen.

3.12. Netter Abend bei A. mit Jakob W. und Gattin. Zu Viert angereg¬
tes Gespräch. Schnee und Quatsch.

9.12. Die Kletterrossen um meine Terrasse haben noch immer grüne
Blätter. Temperatur nie unter Null. Gestern schöner Spaziergang mit A.
Nahezu täglich Besuche. Zu viele Menschen um mich. Trotzdem Vorspiel
zur »Corday« skizzenhaft fertig. A. findet es gut. Machte nur un¬
wesentliche Ausstellungen.

15.12. Die Tage laufen mir davon. Ich arbeite zu wenig.