Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 17.–23. Dezember 1928

17.12. Hübscher Abend bei A. mit Hofrätin Z., Alma, Hugo H. und Gattin,
obwohl ich recht erkältet war. A. besonders lieb. Bin neugierig, ob er
um Weihnachten fortfährt. Ich glaube, er möchte lieber nicht.

19.12. Zwei Tage im Bett mit Fieber und Schnupfen. A. täglich zweimal
bei mir.

Er fährt doch nach Berlin. Arnoldo hat Urlaub (offenbar durch Vermitt¬
lung der O., die ja auch seine Versetzung von Sizilien nach Udine durch
ihren Berliner Arzt bewirkt hat.)

A. scheint mit O. in keinerlei Korrespondenz zu stehen und ich glaube,
er hat irgendetwas von ihr gehört, was ihn ärgert.

Weihnachtseinkäufe, Weihnachtswetter. A. und ich bestes, zärtlichstes Ein¬
vernehmen. Er gab mir »Zug der Schatten« zu lesen und ich gab ihm noch
eine Anregung, wie das Stück zu ändern wäre. Und er fand meine Idee aus¬
gezeichnet. Ich bin sehr froh.

22.12. Carys Geburtstag. Die Kinder Abend bei mir. Sehr gemütlich.

23.12. Herrlichstes Winterwetter. 3 Grad unter Null. Vormittag schöner
Spaziergang: Kobenzl-Grinzing. Abend bei A.–Im Mondenschein um ½ 1 Uhr
Nacht nachhause. Alle Bäume glitzerten im Rauhreif. Mein Garten, meine
Terrasse wie in Silber eingesponnen.

Heiliger Abend. Vormittag die letzten Besorgungen in der Stadt, dann bei
meiner alten Tante Clara, zu Tisch Harry.

½6 bei A. Ich teilte seine Traurigkeit. Arme kleine Lili. Ich denke
mehr an sie, als ich sagen kann. A. dann zu seinem Bruder Julius, ich nach
Hause. Harry bei mir zum Nachtmahl. Wellesz haben ihn lächerlicher Weise
nicht eingeladen, weil er keinen Besuch gemacht hat. Schmöcke. Ich sagte
daher auch zum Nachtmahl ab und fuhr erst um ½ 10 in den Kaasgraben.
Etwas ermüdender Rummel.

Heute A. bei mir zu Tisch. Wenn er nur schon gesund aus Berlin zurück
wäre. Diesmal habe ich nur Angst vor der Reise. Dass sie ihm schaden,
dass er sich dort aufregen könnte. Niemand sohaut dorf auf ihn wie ich.