Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 8.–15. August 1928


aber angefault. Sie wollte keine Kinder, ekelte sich vor Kindern -sagt
das nicht alles?

Jammervolle Tage. Ich sehne mich nach dem Schlafmittel, das ich jeden
Abend um 11 Unr nehme.

Bei Frieda, dann bei den Kindern, die lieb und herzig sind, aber die ich
schliesslich doch nur störe. Auch die Gespräche mit Frieda werden sinn¬
los. Sie meint es ja gut, steht aber bald da, bald dort mit ihrer Meinung.
10.8. Vormittag wieder mit A. Von Pätzleinsdorf nach Dornbach gewan¬
dert. Mir ist so elend, dass ich Lili beinah beneide. Wo ist Platz für
mich?

12.8. Ein Tag unerträglicher als der andere. O. und Schwiegersohn
gestern nach Venedig. A. hat sie bis zum Hotel Bristol begleitet. Sie
ist ihm vor allen Leuten auf der Ringstrasse um den Hals gefallen.
Heute Vormittag mit ihm im Auto Weidling am Bach. Im Wald tristes Ge¬
spräch und Weinen. Ich spüre, dass ich versage und das macht mich noch
verzweifelter. Ich dürfte heute nursein Leid sehen.

Nachmittag mit Gisale Berger im Kino, um mich zu betäuben. Lia d[e] Putti
sieht Lili so ähnlich. Ich musste fortwährend weinen, obwohl es ein
Lustspiel war.

Quälende telefonische Gespräche mit Frieda. Sie wollte durchaus, dass
ich mit ihr nach Aussee fahre. Um irgend etwas Definitives zu tun,
Zimmer am Semmering bestellt.

14.8. A. war bei mir. Gute Worte von beiden Seiten. Vorübergehendes
Aufatmen. Mittag Cary und Magda. Lieb aber ohne jedes Interesse an mir.
Die Hauptsache für mich ist, dass sie sich lieben und glücklich sind.
Für mich verlange ich nichts.

15.8. Abendspaziergang mit A. mit Nachtmahl im Nussdorfer Bräu. Trotz
Sternenhimmel düsterer Abend.