Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 2. Februar – 22. März 1928


mir das Geld). Wenn er aber seine Kühle, sein melancholisches Wesen nur
für einen vorübergehenden Zustand hält, dann will ich alles versuchen,
damit es wieder schön zwischen uns wird. Er sagt, er habe mich ge¬
nau so lieb, seine Depression teilweise physisch, teilweise, weil er nicht
arbeiten kann, woran auch meine durch O. 's Anwesenheit immer wieder her¬
vorgerufene Verstimmung Schuld trägt. Er verstehe es ja teilweise, aber
ich müsse einsehen, dass er mir damit nicht das Geringste wegnimmt. Ich
nehme seinen Kopf zwischen meine Hände, streichle ihn, vielleicht werden
jetzt bessere Tage kommen.

12.2. Olga kommt wieder! Ich ging beim Mondschein zu ihm, dachte, das
wird einmal ein schöner Abend. Er empfing mich mit der Nachricht. Ich
wurde schneeweiss im Gesicht, meine Zähne schlugen aufeinander. Dabei
redete ich ihn fortgesetzt zu, sich nicht aufzuregen. Er behauptet, sie
komme nur für drei Tage den Abtransport der Möbel überwachen.

Olga, Olga – immer sie zwischen uns. Er ist zwar fast jeden Abend mit
mir, aber sein Haus darf ich nicht betreten. Ich sage nichts, ich klage
nicht mehr, aber ich bin innerlich müde.

Sie ist fast drei Wochen hier. Ich war einmal bei ihm an einem Abend,
da sie ihm absagte und zu Bett lag. Da war er sicher, dass sie nicht
plötzlich kommen würde.–Ich war zu müde Nein zu sagen.

Was nützt es, dass sie jetzt endlich fort ist. A. klagt fort über Kopf¬
schmerzen, Verstimmung, es ist nichts mehr, wie es war. Er sagt, er sieht
sie, wie sie ist. Sie macht ihn ausschliesslich nervös und doch hat er
nicht die Kraft uns Ruhe zu schaffen. -Die Hand liegt längst wieder an
ihrem Platz, sie war nur in Reparatur. Wie hässlich und unwahr ist alles.
22.3. Géraldy in Wien. Einer der reizendsten menschen. Sehr hübscher
Abend bei Hofrätin Z. Anwesend: Géraldy, Hofmannsthal und Frau, Werfel,