Venedig, 27.4.1927.
Mein Liebes, Du weisst ja sehr gut, dass ich O. schon vor Wochen
gesagt, sie habe Frau K. alles Häusliche zu überlassen und meines
Wissens ist seither auch nichts geschehen, was einen Uebergriff be-
deutet und Frau K. hätte verletzen können; und wenn ich ihr nicht
immer wiederhole, was sie selbst sehr genau weiss, und insbesondere
keinen Grund sehe ihr gegenüber die Natur meiner Beziehungen zu Dir
zu betonen, über die sie nicht im geringsten Zweifel schwebt, so ist
das keineswegs »Schwäche«, wie Du es zu nennen beliebst, sondern die
Empfindung der vollkommenen Ueberflüssigkeit solcher Constatierungen,
die ihr auch in der gröbsten Form keine Neuigkeit bedeuten
würden. Sie weiss ganz genau, wie ich zu ihr und wie ich zu Dir
stehe; alles übrige lass meine Sorge sein. Wenn unter den gegenwär-
tigen Umständen ihre Besuche in meinem Hause häufiger waren und
sind, so ist das doch wahrhaftig zu natürlich, als dass daraus immer
wieder Depressionen für Dich resultieren sollten; und es wird in
der nächsten Zeit gar nicht anders möglich sein als dass eingehende
Besprechungen zwischen ihr und mir stattfinden werden, über deren
Länge, Zahl und Ort Du Dich bei einiger Einsicht hoffentlich nicht
irritieren wirst. Denn ich habe heute bereits hier in Venedig eine
Wohnung für Lili vom 15. Juni an gemietet (unter Assistenz und mit
sehr lebhafter Zustimmung von Alma und ihrer Mutter, die uns mit Rat
und Tat zur Seite gestanden sind); die Hochzeit wird voraussichtlich
schon in der zweiten Hälfte Juni stattfinden und es wird in der kurzen
Zeit viel zu besprechen und in jeder Art vorzubereiten sein, worin
ich nicht immer wieder durch völlig unbegründete Empfindlichkeit
Deinerseits ennerviert werden möchte. Glaube mir, die ganze
Angelegenheit ist weder innerlich noch äusserlich besonders leicht
für mich; es darf und müsste nicht Confliktstoff aus Eifersüchte-
leien entstehen, zu denen, wenn überhaupt, nur äussere Ursachen Anlass
geben, – die nun einmal bei der äusseren Constellation momentan nicht
aus der Welt zu schaffen sind.