Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 25. April 1927


die Wohnung besichtigt und mit den Leuten spricht. Wir waren Nach-
mittag wieder bei ihr; vielmehr nur Lili, da sie bettlägerig war: ich
unterhielt mich indess mit Moll und Frau.

Heute kam die Post aus Wien nach, die nichts wesentliches enthielt; -
und Dein dritter Brief, bei dessen Absendung Du merkwürdigerweise
noch keinen von mir erhalten hattest. Ich hoffe, es sind alle indessen
in Deine Hände gelangt. Ich bin froh, dass Anfälle seit Donnerstag
ausgeblieben sind- und es wäre schön, wenn man diese ganze, fast drei-
wöchentliche Kra[n]kheitsperiode als einen einzigen auffassen dürfte,
der sich niemals wiederholen wird. Es klingt so banal und wohlfeil
dergleichen auszusprechen – aber Du kannst Dir kaum denken, wie weh
mir Deine Schmerzen thun und wie ich von ganzem Herzen wünsche, dass
sie für immer ausbleiben.

Das Wetter ist schön, etwas kühl, mein Befinden heute besser als gestern;
mein Kopf aber selten ganz frei. Zum arbeiten bin ich natürlich nicht
gekommen. Wenn ich die Wohnungsangelegenheit während meines hiesigen
Aufenthaltes noch gänzlich in Ordnung bringen könnte, würde es eine
rechte Erleichterung für mich sein. Im italenischen mach ich beträcht-
liche Fortschritte: Arnoldo auch einige im deutschen, – und so verstehen
wir uns – besonders französisch – aufs beste. Sein Wesen wird mir
von Tag zu Tag sympathischer; und es ist eine Freude, ihn und Lili
zusammen zu sehen.

Lebwohl, mein Liebstes, ich will noch ein bisschen ins Freie. Bleibe ge-
sund und sei sehr zärtlich umarmt. Ich bin ganz der Deine! A.