Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 31. Dezember 1926

Wien, 31.12.1926.

An A.S., Berlin.

Mein sehr Liebes, ich lasse meinen verstimmten Morgenzeilen rasch diese
hier folgen. Ich habe um 1 Uhr Deinen gestrigen Eilbrief bekommen, Dei¬
nen Brief vom 28. habe ich nicht erhalten, der ist verloren gegangen
oder Du hast ihn neben den Kasten gesteckt. Die Karten von Horch habe
ich pünktlich mit einigen liebenswürdigen Zeilen erhalten und mir Gisela
Berger dazu eingeladen, die sich riesig freut. So werde ich auch Syl¬
vester irgendwie in Deiner Gesellschaft verbringen, aber anders in Dei¬
ner Gesellschaft wäre mir lieber.

Der Thee bei B. gestern sehr nett. Heinrich Königswarter
im Sprechen besser als zum Anschaun. Ich ging früher fort als die
Gisela, da mich zuhause die Korrekturbogen für die »Nani« erwarteten,
die zur Hälfte morgen in der Neujahrsnummer erscheint. Ich bin heute
etwas nervös. Einigen Aerger mit Geschwistern und Hery und recht al¬
lein. Ich erzähle Dir das alles auch erst mündlich. Heinrich K. er¬
zählte gestern, dass Herterichs Tage gezählt sind, das wird wohl auch so
sein. Korfs Verhandlungen mit dem Burgtheater hätten sich auch zerschla¬
gen, weil man mit Herterich nicht existieren kann.

Lebwohl, mein Liebes, denke heute Nacht um 12 Uhr an mich, wie
ich an Dich denken werde. Ich weiss nicht, ob interurbane Gespräche
nicht gerade in den Feiertagen besser funktionieren würden als an Wo¬
chentagen, wo das Geschäftsleben wieder erwacht. Aber tu, wie Du
glaubst.

Ich umarme Dich innig. Deine C.K.