Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 31. Dezember 1926

31.12.1926. Berlin. Hotel Esplanade.

Mein Liebes, von gestern habe ich zu erzählen, dass ich mittags mit
Wiegler, Herz, Krell – lauter Ulsteiner zu Mittag ass; W. sprach ich
schon vorher, erzählte von deinem Roman -und er versprach ihn
gleich mit gebührender Aufmerksamkeit zu lesen. Was ich sonst über
filmgeschäftliches von ihm erfuhr – Herz führt
oft Verhandlungen mit Filmleuten – war nicht sehr erfreulich. Montag
spreche ich endlich Herrn Schröder – ohne mir besondere Hoffnungen
zu machen. – Abends gestern war ich bei Volpone, um mir Albert Stein¬
rück anzusehen. Die Aufführung viel gröber als in Wien. Albert
Steinrück zu meiner Freude blühender als je – das »Wunder« an das
man glauben möchte, wird sich wohl auf eine falsche Diagnose im vo¬
rigen Jahr reducieren lassen. Nachher mit ihm, Heini und Paul M. ge¬
nachtmahlt. -

Heute Vormittag Besprechung bei Fischer (Büro) und wahrscheinlich
auch mit Herrn Fleg. Albert erzählte mir gestern, dass er im Film
"Liebelei" mitwirkt.–Er hat an Fritzens Grab einen alten Mann dar¬
zustellen, der mit der Handlung gar nichts zu tun hat (und von dem
ich bisher nichts ahnte). So steht ein grosser Name auf dem
Zettel, die Firma kostet's einen Pappenstiel (eine Vormittagstunde
für Steinrück[)] – die grossen Rollen werden von Unbekannten gespielt -
und so werden Filme gedreht!

Abend nachtmahle ich wahrscheinlich mit Fischers bei Michaelis.-Mor-
gen fahre ich nach Zehlendorf zu Steinrück, um seine zwei Kinder und
sein Haus kennen zu lernen; esse mit Heini; am Abend der berühmte
Hamlet bei Jessner.-

Und heute zu Tisch bin ich bei Goldmann. Das Wetter ist auch wei¬
terhin grauenhaft und meine Stimmung nicht übermässig heiter. Ich
freue mich aufs Nachhausekommen und sehr auf Dich. Montag Früh will