Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 2. Mai 1926


Spur – es bestand überhaupt keine Möglichkeit in absehbarer Zeit
von hier nach Madeira zu gelangen; – gewiss nicht auf directem Wege, –
sondern gelegentlich über Lissabon. Es war also überhaupt keine
Möglichkeit, den Norddeutschen Lloyd-Dampfer in Madeira zu erwi¬
schen, abgesehen davon, dass der uns die Plätze nach Bremen erst
von Lissabon an reserviert hätte! – So nehmen wir morgen ein Schiff
der Adolf Woermann-Linie (Antonio Delfino) – das glücklicherweise
(zum ersten Mal!) hier anlegt – das uns aufnimmt, – ohne dass das
Bureau hier uns schon bestimmte Plätze garantieren kann, denn das
Schiff kommt (angeblich) überfüllt aus Südamerika – in Lassabon
aber dürfte es leerer werden. In Lissabon sind wir am 6., in Vigo am
7.; in Koulogne am 9. -Hoffentlich ist mein Telegramm an die Kolap
unverstümmelt angelangt und ich habe in einigen dieser Hafennester
Nachrichten von Dir – die erste und zugleich letzte hab ich, wie Du ja
weisst, in Lissabon erhalten, – sie stammt vom 19. April, fast 14
Tage. Ich habe überhaupt keine, die späteren Datums ist. Die letzte
deutsche Zeitung, die ich sah, ist vom 22., die letzte englische vom
23. April- Wiener Zeitung sah ich nicht seit Wien; – doch, -eine in
Neapel (ich entbehre sie nicht). Man ist hier fast weiter von
Europa als in Amerika. Auf den Schiffen gab es täglich Radiotele¬
gramme politischen Inhalts; – Wien war nicht vorhanden; – übrigens
was weiss man hier von Wien. Der Friseur (aus Buenos Aires) hat
z.B. keine Ahnung von der Existenz dieser Stadt – und war höchst
erstaunt, als ich ihm eröffnete, dass es eine Stadt von zwei Millio¬
nen Einwohnern sei; die Hauptstadt von Oesterreich (von dessen
Existenz er auch nichts wusste – bis ich ihm durch Erwähnung der
Czechoslowakei einen Begriff zu geben vermochte).

- Gestern fuhren wir mit dem Auto nach »Monte«, dem Höhenort der
Insel (eine Stunde etwa,– am zerklüfteten Strand zuerst, dann eine