Las Palmas, 2. Mai1926.
Sonntag Morgens.
(nach Wien)
Mein Liebes, es ist schön, hier zu sein und diese Landschaft, diese
Küste gesehen zu haben; und das seltsamste und einprägsamste ist
eine Fahrt ins Land hinein, wie wir sie vorgestern unternommen haben;
aber nicht minder schön ist der Gedanke bald wieder von hier fort¬
zukommen – denn zu einem längeren Aufenthalt lädt mich diese Insel, -
in all ihrer Fremd[- ]und Neuartigkeit nicht ein. Die Unmöglichkeit,
wirkliche Spaziergänge zu machen; – das Fehlen von Wald und Wiese
ist nun einmal meiner Naturempfindung nicht gemäss. Das Hotel, in
dem wir wohnen, liegt zwischen Hafen und Stadt – d.h. auf dem Wege
zwischen zwei Städten, denn es gibt- ein Las Palmas Hafenstadt,
und ein Las Palmes Residenz (die Bezeichnungen sind von mir), die
durch eine lange (7 Kilometer) Strasse verbunden sind (an der übri¬
gens auch Häuser stehen.) Eine Tram verbindet sie; – ausserdem ver¬
kehren ununterbrochen (in Abständen von 1-2 Minuten) Motorwägel¬
chen für 10-12 Personen, in die man an jeder beliebigen Stelle ein¬
steigen kann. Das Hotel so typisch englisch wie möglich. Um 9,
10 frühstücken sie (es ist ½10 und noch kein Mensch herunten); um
11 fahren sie in die Residenz oder sie sitzen bis zum Lunch im
Garten herum. Um 1 Lunch, dann sitzen sie in der Hall oder schlafen.
Um vier schon beginnt der Fife o'olock bis 6-½7- dann werfen sie
sich in Smoking und Abendkleid, um ½8 Diner – worauf wieder in der
Hall oder in der Bar gesessen wird. Diese Inseln sind ja auch that-
sächlich eine Art von englischer Colonie, soweit sie als Fremden-
orte in Betracht kommen; -die bequemste Verbindung ist mit London
resp. Liverpool; – wir Mitteleuropäer können zusehn, wie sie nach
Hause kommen. Wie Du weisst, wollten wir von hier nach Madeira -
dann nach meinen Informationen ging ein Schiff von der Gerard-Li¬
nie (englische Gesellschaft) am 2. (heute) nach Madeira-, keine