Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 2. Mai 1926


Serpentinenstrasse zwischen altem vulkanischen Boden,– durch
kleine Orte mit winzigen Parterrehäuschen und maurisch anmutenden
Villchen und Villen. Bananenpflanzungen, Palmengruppen, spärlichen
Blumenhängen an Häusermauern; – und landeten in der Dependance
des hiesigen Hotels- englisch wie dieses, – mit den reizendsten
Gesellschaftsräumen, einem anmutigen Garten und einem köstlichen
Blick über das gewellte Hügelland zum Meer hin und in die Unend-
lichkeit. Santa Brigida heisst das Hotel. (Sie verstehen zu
kolonisieren die Engländer; – in jeder Kleinigkeit zeigt es sich; -
und ihre Trivialität und Unionmität ist ein Theil ihrer
Macht.–Und wenn man auf dem Adolf Woermann, – wieder einmal die
Deutschen en masse gesehen hat, – vom königlich-preussischen Regie¬
rungsrat an (er kann auch ein Präsident gewesen sein) – und vom
Cottbuss Ehepaar an (vielleicht war es aus Dresden) und vom
Hochzeitsreisepaar (zusammen 300 Kilo) aus Hamburg – und den
Vergnügungsreisenden aus Berlin,– bis zu den Auswanderern, die nach
den Colonien in Afrika ziehn,– da begreift man ein wenig, die
mangelnde Beliebtheit dieses Volks, – das sich immer wieder durch
Tüchtigkeit, aber selten durch gute Manieren auszeichnet. (Womit
das Problem natürlich nicht erledigt ist).

Noch immer haben wir keinen heissen, kaum einen warmen Tag erlebt; -
auch hier in Las Palmas nicht; meist ist es ein wenig trüb, und
immer windig. Sonnenklar durch Stunden war es nur vorgestern
auf dem Ausflug. In der »Residenz« das schönste die grossen mit
Riesenpalmen bestandenen Plätze, besonders einer am Meere.-

Malaria soll es keine geben; – da es aber an Mosquitos nicht man¬
gelt, nehmen wir vorsichtshalber Chinin. (Ich schlafe bei offenem
Fenster und geschlossenen Mosquitonetzen.) Mein Befinden
ist ganz gut; übermässig frisch fühl ich mich nicht; weder Lebens¬