Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 10. August 1925


ganz nervos und sein Atem auf meinen nackten Schultern (er sass hin-
ter mir) war mir so lästig, wenn er sich vorneigte, um mit mir zu spre-
chen, dass ich plötzlich aufstand, erklärte, ich sei müde und trotz allen
Protest mich von Carli in mein Zimmer bringen liess.

Mit wem oder neben wem bist Du auf dem Spaziergang neu-
lich gegangen? Hat auch Frau Liechtenstern nicht nach mir gefragt? Ich
sehe Dich auf der grünen Wiese mit all den Leuten, um mit diesen drei
Frauen, die sich sicherlich immer offenbar laut gebärden und in Szene setzen. Von
zweien weiss ich es, und von der dritten ahn ich es, denn sie ist eine
Deutsche und sicher die Aergste in der Richtung. Ich hätte als eine
winzige Mücke auf einem Sonnenstrahl an Euch vorbeitanzen mögen -
ob ich mich wohl geärgert oder unterhalten hätten? Keinesfalls hätte
ich Dich gestochen!

Hast Du die Magda (Klein) erblickt? Jetzt ist sie wohl
schon am Lido und ich bin neugierig, ob sie mir schreiben wird.

Bleibt Lili im Herbst länger bei ihrer Mutter oder holst
du sie ab? Ich höre das alles wohl in Deinem nächsten Brief. Für
heute schliesse ich, mein Liebes, denn ich bin müde und will mich vor
Tisch noch ein wenig hinlegen.

Hat man Deine zwei neuen Joppen sehr bewundert?

Ich küsse Dich, mein liebes kleines Kind, sehr innig.

Deine

C.K.

In meinem Stück »Schwester Peregrina« (Elisabeth Bergner) bin ich über
Personenverzeichnis noch nicht hinausgekommen, aber ich habe viel da-
rüber nachgedacht. Kennst Du nicht einen Roman, der in einem Frauen-
kloster spielt? Ich müsste unbedingt so etwas lesen. Ich glaube der
Kirchenvater wird mir einen Besuch in einem Kloster vermitteln, wenn
ich mich nicht vorher mit ihm zerkrache!