Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 24. Januar 1925


wieder Appetit gehabt. Meine ehrliche Absicht war es Donnstag zu reisen,
aber Du nimmst es mir nicht Übel, dass ich unter diesen Umständen auf ein
paar Tage verschoben habe. Und nun hat mir der vortreffliche Herbert
Steiner in Zürich den bereits vorgemerkten Schlafwagen auf den 1. um¬
schreiben lassen.–Bis nach Campher bin ich noch nicht gelangt; -
Souvrettahaus war das weiteste und vorgestern fuhr ich auf die Chantarella.
Gespräche zu zweit haben überhaupt noch nicht stattgefunden; -
ein paar Leute aus Berlin, ein Herr Gonzale und Frau, und eine Frau Mendel
habe ich flüchtig kennen gelernt und mich an den Kunstläufen der Frau
Thea Preussen ergötzt.–Bei Hanselmann (neben dem Privathotel) trink
ich nach Tisch meinen Schwarzen; – und nach dem Diner in der Hall, gegen
meine Gewohnheit den Thee.–Im Hotel niemanden kennen gelernt; die
Hälfte der Gäste begeben sich nach dem Diner in eines der grossen Hotels,
ich glaube, in jedem wird getanzt; – hier bei uns ist es ganz still; – nur
gestern liess der Direktor, der wie ein Japaner aussieht, einige Grammo¬
phonplatten laufen.–Im übrigen hab ich Correspondenz erledigt, allerlei
gelesen und bin mit dem Roman beschäftigt.

Nun, mein Liebstes, sag ich Dir Adieu für heute. Ich denke, dass
Duf diesen Brief noch hieher antworten kannst. Das Manuscript be¬
halt ich aber bei mir. Ich bin sehr begierig über Zsolnay und Glücks¬
mann baldigst näheres zu erfahren. Und wenn Du auf eine Redoute gehen
wolltest, Elende, so schreib es mir. (Ich – dies nur nebenbei- verschmähe
es heute Abend den grossen Kostümball der Saison im Suvrettahaus mit
meiner Gegenwart zu beehren. Sei zärtlich umarmt. Dein

A.