Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 15. Januar 1925


gab mich noch in ein Restaurant (Schinken, Butter, da man hier in Bern
um 7 oder ½8 isst und von 10 Uhr an wie es scheint keine warme Küche
mehr zu haben ist; – und um ½12 im Hotel, wo ich eben in der Hall... sitze
siehe oben. Das Hotel ist übrigens das meiner, unserer Träume. Ein herrlicher
Blick – unter weniger nebligen Umständen sollen bis zu den eisigen Höhen
reichen; – und der grosse Stil der Führung, ohne Pomp und Protzerei. Ich
habe mir ein Appartement mit Bad vergönnt; und glaube nicht, dass ich je¬
mals in einem Hotel ein schöneres und angenehmeres Zimmer und eine
bessere Bedienung erlebt habe. Telefon natürlich auch im Zimmer – und
man wird sofort wirklich verbunden. Ich muss dann den Präsidenten der
hiesigen freien Studentenschaft, den Arrangeur der Vorlesung sprechen
und besuche Dr. Holzapfel (den Verfasser des Panideals) – der eben
von einer Grippe auferstanden ist. Seinen Jünger Zbinden sprach ich
gestern in Basel, dort auch unter andern einen jungen, mir durch Michaelis
empfohlenen Christoph Bernoulli, der irgendwie in die augenblickliche
Existenz meines Sohnes hineinspielt ein interessanter Mensch; wir wan¬
delten gestern vor meiner Abreise am Rhein spazieren, sprachen über Psy¬
choanalyse, Mystik, Mystiker, Architekten, Kritik und einige andere Themen.-

Der Abend in Basel verlief sehr gut – der Saal war übervoll,
»wir hätten einen doppelt so grossen auch gefüllt« (sagte der Präsident
der »Gurdlibet« (dies der Verein, in dessen Rahmen ich in Basel las).
Ich war »gut bei Stimme«, verhaspelte mich aber ein paar Mal in der »Gros¬
sen Szene«, was man kaum bemerkte. Nachher gemütliche Zusammenkunft in
einem Restaurant, zirka 20 Personen, ich sprach 3 oder 4; einen Arzt, ei¬
nen Rechtsanwalt mit Frau; es war erträglich.

Heute werde ich wahrscheinlich ein anderes Programm lesen,
eventuell den »Kakadu«, (und die »Masken«) : – vielleicht den »Wurstl«.
Morgen folgt eine 5 stündige Reise nach St.Gallen, ein Abendvortrag in
der Museumsgesellschaft. Aus Luzern bin ich wie zu erwarten war antele¬
foniert worden – von einem Forstinspektor, der dort der Vorstand des lite¬