Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 10. Januar 1925


und ein ganz kleines Stück Butter, da ich nicht wusste, dass ich zuhause
bleiben werde. Aber schliesslich gibt es Menschen, die noch weniger haben.
Vielleicht entschliesse ich mich sogar die letzte Dose Compott zu öffnen,
die ich noch von Dir habe.

Ich will diese Woche an den Korrekturen meiner Gedichte arbeiten und
auch die Géraldy-Gedichte wieder ansehen und eventuell ausbessern. Wenn
ich zu Zsolnay gehen werde ich jedesfalls auch diesbezüglich fragen.
Ansonsten denke ich über Feuilletons nach »Ueber Dichter und Litera¬
ten« und »Zwischen Wahrheit und Lüge«, dann kommt auch die Novelle in
Betracht, die ich einmal geträumt habe und die nur einfach erzählt
werden müsste »Der ewige Student« will ich sie nennen, wenn ich
sie überhaupt schreibe.

Dieser Brief ist viel länger geworden, als ich anfangs dachte, aber ich
habe das Gefühl einer grenzenlosen Ferne dabei, wie bei einer schlech¬
ten Telefonverbindung, bei der man die Stimme des Partners kaum hört.
Vielleicht wird das besser werden, wenn ich den ersten wirklichen Brief
von Dir in Händen halten werde – ein Wort vermag oft Türen zu schlies¬
sen und zu öffnen.-

Schreib mir bitte alles Innerliche und Aeusserliche, was mich interes¬
sieren könnte. Bleib gesund, das ist die Hauptsache.

Gute Nacht für heute und einen innigen Kuss von Deiner

Clara Katharina.