Clara Katharina Pollaczek an Ferdinand Donath, 9. August 1931

9. 8. 1931

Bad Gastein

Brief an Dr D.

Lieber Herr Doktor,– Ich gestehe dass ich auf ihren Brief schon
sehr gewartet habe, obwol ich vorraussah, dass sie mir erst schrei¬
ben würden, wenn ihr Onkel abgereist ist um den Gesamt-Eindruck zu
Schildern. Sie irren aber sehr wenn sie glauben, dass meine Briefe ei¬
gentlich an ihn gerichtet waren. Beim ersten habe ich nicht daran ge¬
dacht dass Sie ihn zeigen würden, beim zweiten habe ich das Gegenteil
angenommen, ja ich wollte sogar eine diesbezügliche Bitte hinzufügen,
fürchtete aber Sie damit zu verletzen. Ich mache Ihnen auch nicht den
geringsten Vorwurf daraus, dass sie es getan haben, denn Sie haben
es sicher für zweckmässig gehalten, und es in guter Absicht getan.
Aber ich möchte nicht unsere Beziehung auf dem Wege des Mitleids
wieder aufblühen sehen, nicht »weil ihm schwer ums Herz ist«, und
ihn der Gedanke quält "mich unglücklich zu sehen[«],– auf dieser Basis
könnten weder er noch ich wieder froh und glücklich werden. Der einzi¬
ge Grund der uns wieder zusammenführen darf, müsste der sein; dass
er ohne mich unglücklich ist, dass er mich lieb hat, dass es mich
braucht, und nicht unter dem Motto »Freundschaft Freiheit« das er
seit ein und einem halben Jahr mit besonderer Betonung über unsere Bezieh¬
hung stellte, – sondern eine innige Freundschaft der Herzen und
Freiheit in jenem Ausmaas über das eines dem andern mit grösster Auf¬
richtigkeit Rechenschaft ablegen kann ohne fürchten zu müssen den
andern zu verletzen, oder zu kränken.

Ich habe ihn niemals wie Sie schreiben »seiner Freizügigkeit beraubt«
oder berauben wollen wie es mir überhaupt nicht liegt etwas »rauben«
zu wollen.

Seit jeher kommt ein Frl Gab. Schl. zu ihm, ich habe sie nie gesehen
nie zu sehen verlangt, nie ein Wort darüber verloren. So und so oft,
kommen Frauen Journalistinnen Amerikanerinnen, deren Namen ich mir
nichteinmal merke. Heuer hat eine Amerikanerin 2 oder 3 mal allein bei