Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 10. August 1931

Bad Gastein nach Gmunden 10ten Aug. 1931

Lieber! Dein Brief ist heute Früh mit dem Frührstück gleichzeitig zu mir ge¬
kommen und ich will ihn gleich beantworten. – Es freut mich sehr dass du es
mit deiner Wahl des Ortes gut getroffen hast und hoffe dass der Aufenthalt
in G. trotz verschlechtertem Wetter auf dein Befinden günstig wirken wird.

Mir geht es tatsächlich etwas besser, ich dürfte ein wenig zugenommen
haben- die Herzbeschwerden haben nachgelassen ich nehme seit 2 Tagen kein
Strophantus. Aussehen mässig, Nächte trotz Schlafmittels schlecht. Man
darf nicht zu viel verlangen.

Wenn Du mich tatsächlich zu sehen mit mir zusammenzusein oder richtiger
mich wiedrzufinden wünscht: ein Wunsch – den ich wol in deinen Zeilen lese,
aber keineswegs in ihnen fühle, dann musst du am 16 ten hierherkommen,
welchem Datum ja durch Heinis Abreise nichts im Wege steht.

Ich bin nicht in den Verhältnissen mir so lange Kuren zu gestatten.
Die Menschen die ich hier kenne sind in ihren Familien ( Gotthilfs) Irene
A. hat ihre Flirts, einen Ober L. G. R. der sich mir vorstellen liess
und mich schriftlich um eine Zusammenkunft bat, habe ich abgewimmelt.

So habe ich z. B. seit 2 ½ Tagen keinen Menschen gesprochen. Zu Aus¬
flügen oder Aufsuchen der grossen Hotel und Rest. fehlt es mir an Geld
und wol auch an Stimmung, zu langen einsamen Spaziergängen an Kraft.

Das Haus ist altmodisch und schlecht geführt, aber nachdem ich alle un¬
saubern Decken gleich hinausgeworfen und Blumen gekauft habe, ist das Zim¬
mer ganz nett.

Zu arbeiten habe ich bisher nicht vermocht, wenn mir auch manches durch
den Kopf, und nochmehr vielleicht durch das Herz geht.

Ich bitte Dich mir möglichst gleich zu schreiben, da ja der Brief im besten
Fall am 12 ten hier sein kann und ich meine Entschlüsse fassen muss.

Ein neuerliches Zusammensein mit Dir und Schinnerer (der mich besuchen
will) wäre sinnlos und ich würde mich einem solchen entziehen.

Wenn Dir ein anderer Ort zu einem Zusammentreffen mit mir lieber ist als
Gastein, so will ich in diesen Punkt entgegenkommend sein, darauf
Kommt es ja schliesslich nicht an.

Jetzt will ich zu der 1/4 St. entfernten Post waten. Es schüttet

Alles Gute, Schöne u. viele Grüße D. Clara Katharina