Ferdinand Donath an Clara Katharina Pollaczek, 6. August 1931


Sie würden Alles tun wenn Sie unabhängig in seiner Nähe sein könnten. Da
Sie aber leider materiell nicht unabhängig sind, brauchen sie immer wie¬
der erst einen Beweis seiner Zuneigung, die Ihnen erst diese Abhängigkeit
erträglich macht. Diesen Beweis muss und wird er Ihnen erbringen; Sie werden
aber nie vergessen dürfen, dass er ein im öffentlichen Leben stehender
Mensch ist, der von einer Unzahl von Menschen verehrt und geliebt wird
und sich dem Umgang mit diesen Menschen nicht entziehen kann und darf. Wenn
er sein Leben nur mit einem Menschen verbracht hätte, hätten er sicher nicht
nichts von all dem hervorbringen können, was ihm jetzt so viele Freunde u.
Verehrer beiderlei Geschlechts verschafft. Sie werden ihm also stets die
Möglichkeit geben müssen, mit diesen Menschen zusammenzukommen, Gedanken
auszutauschen und von ihnen Anregung zu empfangen. Sie müssen das tun und
noch dazu mit Veständnis gern tun, weil sie ihn ja nicht in seiner Arbeit
hindern wollen, weil sie ja wissen dass es zu seinem ureigensten Leben ge¬
hört, die Ungebundenheit der Freiheit, weil sie ihn ja lieben. Sie müs-
sen nur Gewissheit über seine Gefühle zu Ihnen bekommen. Die werden Sie bekommen.
Dafür wird die Trennung wieder bei ihm sorgen. Sie müssen mir ja nicht un¬
bedingt glauben. Sie sollen es selbst erleben. Vielleicht wird Sie schon
der gemeinsame Aufenthalt in Gastein darüber aufklären! Ich versichere Ih¬
nen dass er ein inniges Gefühl für sie empfindet dass des Ihrigen würdig
ist, dass sie stolz machen kann und Ihnen Kraft geben muss zur Überbrückung
der kleinlichen Alltäglichkeiten. Glauben Sie mir!

Ihr ergebener

Dr D.