Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 28.–29. Juli 1931

Habe mir Dr. D. für ½ 6 in Carris Wohnung bestellt.

28. 7. Gestern Unterredung mit Dr. D. der sehr lieb zu mir war. Wollte durch¬
aus den Namen der Frau wissen, die die Briefe geschrieben hat. Ich flehte ihn
an nicht in mich zu dringen, solange er A. nicht gesprochen hat, der ja heute
zurück kommt. Dr. D. sagte er sei überzeugt es sei die Fr. Cl. (ich zuckte
die Achseln) Sie sei ihm und seiner ganzen Familie höchst unsympatisch (seit
jenem Abend nach »Comparserie« an dem ich bei den »Bachantinnen« war[) ]und
er möcht ihr am liebsten eine »Watschen« herunter haun, er könne sich nur nicht
denken dass eine Frau so infam, und gleichzeitig so dumm sein könne, einem
Mann der mit einer andern zusammen wohnt, so oft zu schreiben. Ich blieb dabei dass
ich keinen Namen nenne, ihm aber die Beweise bringe, nachdem er A. gesprochen
hat.

Kinder sehr sehr lieb zu mir. Abend Otto, der auch gestern bei mir war. Be¬
sprechung meiner finanziellen Lage. Vor allem notwendiger Verkauf eines Ring¬
ges damit ich auf »Erholung« gehen kann. Kein Zeitpunkt um mich zu erholen.
Aber in meine Wohnung in seine Nähe will ich nicht, und hier bleiben kann
ich doch auch nicht

29. 7. In aller Früh Anruf A. bei meinen Kindern. Erkundigung nach meinem Befin¬
den. Unterredungen A. mit Dr. D schon gestern und heute V. M. wieder.

N. Mittag rief A. wieder an. Er glaubt selbst dass es besser ist wenn wir uns
jetzt nicht sehen aber er kommt bestimmt zu mir nach Gastein. Ich sage dass
sei völlig sinnlos geworden.

Dr. D. bestellt mich telefonisch zu sich. 2½ St Unterredung. A. sei angeb¬
lich empört über Mistrauen und Spionage (wol berechtigt, da sein Verhalten
gegen mich mich schliesslich so weit gebracht hat! ) Interesse für Cl. nur
oberflächliche Freundschaft. Ich lächle und zeige die Couverts.–A. hat erklärt
die Situation zwischen ihm und mir muss jetzt klaargestellt werden. Ich: sie
ist doch klaar, da ich fortgegangen bin. Ich bin zu Compronissen nicht mehr
zu haben die ihn und mich zu Grunde richten müssen. Dr. D. Besorgnisse wegen
meiner »Finanziellen Lage« Ich sage lieber hungern, als mich für eine solche
Existenz bezahlen lassen. D. ist bewegt.
Furchtbare Nacht: Ring um 1000S verschleudert. Erhielt im Vorjahr in
Karlsbad für das Versetzen desselben Ringes was prod.