Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 29. Juli – 3. August 1931

N. M.K. kam Prof. Schinnerer mich besuchen. Er weiss nicht was vorgeht, und
ich kann nichts erklären. Er hat mich am Semmering zum Bahnhof begleitet und
wol begriffen dass etwas geschehen ist.

Ich helfe Magdy, koche räume auf und fall erschöpft auf den Divan.

Anruf Dr. D. der mir sagt, A. sei erschüttert über mein Verhalten und er
wird mir unbedingt nachkommen, wohin immer ich gehe. Meine Haltung imponiere
ihm selbst ebenso wie A. und er habe A. seine Meinung über diese Frau und
mich gesagt.

Ich will morgen abreisen. Hier falle ich meinen Kindern nur zur Last und
kann überhaupt nichtmehr weiter. Auch dürfte Fr. Cl. wol am 1ten Aug. hier
eintreffen.

31. 7. Sehr wehmütiger Anruf von A. ich soll ihm erlauben ihn vor meiner Ab¬
reise zu sehn. ich bin Vor – Mittag ohnedies in meiner Wohnung, um Pelzman¬
tel und Post zu holen. Wenn er kommen will kann ich es nicht verbieten.

N. M. A. kam mit Rosen in der Hand. Ich lehnte Gespräche ab. Er behauptet
un den 15 ten bestimmt nach Gastein zu mir zu kommen, brachte mich in einem
Auto zur Wohnung meiner Kinder. Ich reise Abend.

Gastein 1. August

Die Kinder haben mich an die Bahn gebracht – sie sind entzückend. Fahrt elend,
Maschienen- Defekt in Hallein. Landschaft Luft wundervoll. Haus III Rang.

N. M. Besuch des Besitzers Dr. W. stupieder alter Jud. Untersuchung. Mein
Blutdruck 110 mein Gewicht 51 Kg. 10 Dk. seit Semmering noch 2 kg. ver¬
loren. Abend mit meinem alten Medicinr. Bloch genachtmahlt um nicht allein
zu sein.

2. Aug. Befinden elend Wetter herrlich. Heute ist er wol mit Fr. Cl. zusam¬
men.

Einsam- einsam. Viele Stunden im Bett. Mirabeau gelesen (von Juvenil) auf S.
132.: Aber alle Übel finden ein sicheres Ende, nämlich dann, wenn sie uner¬
träglich werden. – Ist es so weit? und wird das Ende ein Gutes sein?

3 Aug. Keine Zeile. Mein Befinden elend. Erstes Bad, nachher mit Herzklopfen
im Bett. N. M. Verabredung mit den alten Bl's.