Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 22.–28. Juli 1931

22.7. Er schreibt heute früh bis ½ 10 in seinem Zimmer, kommt dann zu mir
sieht elend aus. Ich sage ihm dass ich mich krank fühle und vielleich nach
Wien schon f[r]üher hinunter fahre. Er schlägt mir sofort – wie übrigens auch
schon gestern [–] vor[,] von hier direkt nach Gastein zu reisen. Er war sogar gestern
im Reise-Büro sich nach der Verbindung dorthin erkundigen. Ich lehne ent¬
schieden ab. Er will mich offenbar los sein weil die Cl. am 1.8. über
Wien nach Talheim fahren dürfte. Mir ist so schlecht dass ich kaum mehr
schreiben kann.

Schinnerer heute für 2 Tage nach Wien. Ich habe Carry geschrieben. Ich hat¬
be ja sonst keinen Menschen auf der Welt. Vielleicht gehe ich für di[e] paar
Tage vor Gastein ins Wiedner Krankenhaus vielleicht gehe ich garnicht nach
Gastein–

A. Tut mir fast leid so einen Charakter zu heben und er ist ein alter Mann
und nicht gesund, aber dieses Frauenzimmer das einen Mann und 2 Kinder besitzt
und mir das Wenige gestohlen hat oder stehlen will, das ich noch habe--

Ob es nicht das beste wäre aus dem Fenster zu springen- dann wären ich alle
Qualen und Sorgen los-

Der erste sonnige Tag. A. mit einem Schauspieler Marx (einem Verwandten
der O.) auf einem Ausflug in's (Fräschnitztal. Mich lässt er allein. In der Früh
langes telef Gespr. mit Carry.

24. Gestern wieder ein Brief von der Cl. das Couvert im Briefk. gefunden. A.
klagt über Kopfschmerzen. Kein Wunder bei diesen inneren Conflikten. Und
ich sterbe daran. Oft ist mir als müsste ich aus diesem bösen Traum erwachen
als könnte es nicht sein-

Ach wenn er nicht fast 70 Jahre alt wäre und wenn ich ihn nicht schonen woll¬
te – Nur einmal losbrüllen können-

Und wieder ein Brief.

Wien. 28. 7. Seit gestern hier. A. verlassen. Hotel Carlson übernachtet
übersiedle morgen zu meinen Kindern.

A. gestern früh wieder an meinem Bett. Ich sagte ihm ich hätte etwas besser
geschlafen. Er darauf lächelnd: Werde doch überhaupt vernünftiger. Du musst