Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 1.–5. April 1931

1.4. Carry Früh 37.6., Mittag 38.7, später mehr. Abend Erbrechen.

Bei A. mit Beer-Hofmanns genachtmahlt.

2.4. Carry Früh 36.7.Mittag 37.5, entschiedene Besserung. Abend mit
A. bei »Ariane« mit der Bergner, fabelhaft, dann seit Wochen zum ersten
Mal Weissen Hahn genachtmahlt. Vormittag in der Stadt Begegnung mit
Globuznik, der Tokayer war doch von ihm!

3.4. Carry 36.7, später 36.4, Nachm. 37.6. Ich wage es nicht, aufzuat¬
men, – ich bin verschreckt und müde. A. gegen Abend kurz bei mir.

Karsamstag 4.4. Carry Früh wieder fieberfrei. Vormittag Frieda bei mir,
ehe sie zu A. geht. Ich war heiterer als seit langer Zeit. Vor dem
Fortgehen sagte sie: »Letzthin war ich wieder ganz unglücklich über
den Herrn Doktor, er hat gesagt, wie vereinsamt er sich fühlt, wie ver¬
ödet, dass er niemand zugehörig ist, ganz entwurzelt etc.« Ich nahm
sie bei den Schultern, sah ihr in die Augen und frug: »Warum sagen Sie
mir das?« – Sie war sofort beleidigt: »Ja, wenn Sie wollen kann man auch
nur conversation machen, über Wetter reden – man soll eben nicht so
viel reden, nicht aufrichtig sein.[« ](wär'sie's nur!) – »Es ist nicht
das erste Mal, dass Sie Dinge sagen, die mich verletzen müssen. Gerade
eine Zugehörigkeit zu mir hat A. wiederholt betont.« – Sie: »Ja, das
glaub ich, so für den Alltag, aber in einem höheren Sinn fühlt er sich
verödet, vereinsamt.« Alles was sie sagt, war etwas herzlos, aber es
ändert nichts daran, dass es mich tief gegen A. erbitterte. Warum
äussert er sich gegen sie in dieser Weise? – Ich habe sie mit Liebens¬
würdigkeit behandelt.

Nachmittag bei Carry. Temp. 3 Uhr 37.2. Ich danke Gott.

Ostersonntag. Gestern Abend in der Beckenbründlgasse am Weg ins Gürtel-¬
Kino gestürzt. Fuss verletzt, ich glaube aus innerer Nervosität; mich
noch mit A. ins Kino geschleppt, nachher verdammte Schmerzen. A.
brachte mich nachhause. Ich verbiss meinen Schmerz,