Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 6.–13. März 1931

6.3.1931. Derselbe Zustand wie gestern. Auch Prof.Sternberg hat ihn
angesehen, Temperatur 39.3 um 3 Uhr Nachmittag. Ich war von 1-5 bei
ihm. Ging fort, weil ich das Gefühl hatte Magdi will lieber allein mit
ihm sein. A. telefoniert wie eben andere auch. Zwei Abende, die ich
hier einsam verbringe,es kümmert ihn nicht. Wenn nur Carry bald ge¬
sund ist!

7.3.1931. Carry im gleichen, alles ungeklärt, ich bin verzweifelt. A.
Vormittag 10 Uhr bei mir. Explosion. Bessere Basis. Den ganzen Nach¬
mittag bei Carry, Schnee, Kälte, alles grau.

8.3.1931. Vormittag mit A. bei Carry. Julius kam einen Augenblick he¬
rein, sprach nicht ein Wort zu mir und ging nach zwei Minuten mit
seinem Bruder fort. Carrys Befinden trotz neuer Therapie ganz das¬
selbe. Chinin – Tropfclysma. Temperatur Nachmittag 39.2.

Abend mit A. im Kino (der darauf bestand), dann in einem Beisel genacht¬
mahlt. Meine Stimmung trostlos, Kälte und Schnee anhaltend.

9.3.1931. Nachmittag bei Carry. Temperatur um 3 Uhr 29.5. Abend 38.3
Abend rief mich Assistent Popper an, der mir sagte, dass er heute Carrys
Befinden günstiger beurteile. Ich sehe erst recht, dass ich mit meinen
Ahnungen Recht habe. A. wollte wieder ins Kino, aber ich bat ihn lie¬
ber zuhause bleiben zu dürfen. Er war sehr nett, kam herüber. Nachtmahl
wurde von der Sternwartestrasse und was ich eben zuhause hatte zusammen¬
gestellt. A. hörte Radio zu, meist mit geschlossenen Augen und ich
weinte.

12.3. Carry 40 Grad. Benommenheit. Julius kam Nachmittags nochmals, intra¬
venöse Injektion mir Argotrom, Was kann man da noch sagen.

13.3. War um 11 Uhr im Spital, da Morgentemperatur schon 39. Carry
erlaubte nicht, dass ich hinein komme, weil die Hausordnung Besuche vor
1 Uhr verbietet. Ging zwei Stunden vor meiner Türe auf und ab, bat
alle nichts von meiner Anwesenheit zu sagen.

Temperatur etwas gesunken. Gegen 1 Uhr kam A. und ging mit mir zu