Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 5.–7. Februar 1931

Der Komponist Hiller war bei mir. Typus eines soignierten Gymnasial¬
professors, hat mir das Lied vorgespielt, aber ich habe keine Ahnung,
ob es gut ist, da er sehr schlecht spielt. Angeblich Aufführung am 28.
mit Orchester und einer Sängerin Munk, dann Indrucklegung als Orchester¬
stück und Beteiligung an den Tantièmen. Schlafmittel und zu
Bett.

6.2.1931. Vormittag Friedhof bei argem Schneefall, Sterbetag meiner
Mutter gestern gewesen. Ich bin mit sehr trüben Gedanken an diesem
Grab gestanden.

Abends

Eben ½7 Uhr Anruf A.'s, der zurück ist. Ich gehe 8 Uhr hinüber. Mein
guter Gott, lege mir die richtigen Worte in den Mund, denn so kann es
nicht weitergehen.

6.2.1931. Spät Abend. Immer dasselbe. Er will absolut keine Trennung,
niemand stehe ihm so nah, Ferry habe falsch verstand[en],er brauche nur
ein bescheidenes Mass von Freiheit (als ob ich es ihm jemals streitig
machte), seine Kälte nur Unzulänglichkeit, durch sein physisches Befin¬
den ausgelöst, keinerlei anderes Interesse vorhanden. Nehme ich meinen
Mantel und gehe zur Tür, schreit er wie wahnsinnig: »Bleib, bleib!«
Komm ich zurück, liegt er mit geschlossenen Augen da und ist stumm.

7.2.1931. Infolge von Schlafmitteln fast den ganzen Tag geschlafen. Mit¬
tag Harry, der jetzt wieder einmal nach Argentinien auswandern will. Als
er fortging war ich so müde, dass ich mich hinlegen musste.

Heute Früh telefonisches Gespräch mit Graf Thun-Wohlgemut, weil es ges¬
tern hiess, dass sie krank ist und nicht im »Gang zum Weiher« spielen
wird. Er sagte, sie spiele bestimmt und schien über meine Teilnahme sehr
erfreut.

7.2.1931. Heute sind es 8 Jahre!! Im vorigen Jahr schickte er mir noch
Blumen mit einer Karte: »Tausend Küsse Arthur«. Heuer nichts, obwohl wir
bei der gestrigen Auseinandersetzung davon sprachen, dass es 8 Jahre