Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 4.–5. Februar 1931


rium sei, was A. mir zumute. Ich wollte A. mein Gespräch mit D. schrei¬
ben, ihn völlig frei geben und ihm schriftlich mitteilen, dass ich, da
er trotzdem ich ihm mein Herz, meine Nerven, meine Gesundheit gegeben
habe und mich lächelnd immer wieder in diese qualvolle Situation
hineingefunden habe und er sich trotzdem über unsere Beziehung be¬
klagt und angeblich darunter leidet, ich ihn eben vollkommen frei gebe
und meiner Wege gehe. D. beschwor mich, ihm das alles zu sagen und ja
nicht zu schreiben und dass er das Gefühl hat, dass noch alles gut,
ja vielleicht besser denn je werden könne. Ich glaube es nicht mehr.
War dann bei den Kindern zum Nachtmahl. Carry sagte, ich sehe so aus,
dass ich ins Bett gehöre.

5.2.1931. Wenn ich denke, dass A. mir am 1. Januar (laut Tagebuch) vorge¬
worfen hat, dass ich nicht gut zu ihm stehe und ich müsse doch endlich
fühlen, wie lieb er mich hat und ungefähr dasselbe sagte er mir noch
Sonntag Mittag, als ich im Bett lag und am Abend desselben Tages be¬
klagt er sich bei Dr. D. Ich weiss nicht mehr, was mit mir werden soll.
Vormittag auf eine Aufforderung hin bei Frau v.Zsolnay im Palais
Collalto. Manche Menschen sind noch sehr reich. Sie findet meine No¬
vellen entzückend, aber sie weiss nicht, ob sie ihren Sohn dazu bringen
wird sie zu verlegen. Wie nötig wäre es für mich!

Ein Komponist Hiller teilt mir telefonisch mit, dass er mein Gedicht:
»Wissen um den Tod« vertont hat und dass es am 28. im Industriehaus
mit Orchester und Sopran zur Aufführung kommt. Sicher eine Läpperei.
Hofrat Pollak (Friedas Bruder) bringt mir die Corday zurück, die ich
ihm zum Lesen gegeben. Findet es ein Werk von Rang, ausgezeichnet im
Aufbau etc., besonders die männlichen Szenen sehr dramatisch. Aber ich
bin müde, müde.-

A. hat in der Früh telefoniert (vom Semmering). Ein paar nichtssagende
Worte, dürfte morgen zurückkommen.