Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 2.–4. Februar 1931


Ich soll am Abend hinüber, weil die Hofrätin Z. und Frieda dort sind.
Am Abend sagte mir Frieda. A. sei so nervös, erkläre, er wolle nur Ruhe
und man dürfe keinerlei Forderungen an ihn stellen (ich möchte wissen,
was für Forderungen ich stelle) und es sei eine Verstimmung zwischen
uns. Das alles wieder weil ich erraten habe, dass er mit Dr. D. über
uns gesprochen hat. Denn ich hab ihm ja nicht ein böses Wort gesagt.
Aber jetzt bin ich wirklich am Ende meiner Kraft und Geduld. Morgen
oder übermorgen will er für 2-3 Tage Kurhaus Semmering. Ob diese
Höhe für ihn jetzt gut ist, ob man ihn allein fahren lassen kann -
ich weiss es nicht, aber ich sag nichts mehr.

3.2.1931. Vormittag. Nichts von A. gehört. Versuche zu Rudis Promo¬
tion zu gehen, aber wegen Studentenkrawallen war der Zugang zur Uni¬
verstät vom Ring aus unmöglich. Um 2 Uhr rief A. mich kurz an, teilte
mir mit, dass er eben auf den Semmering fährt und Freitag Nachmittag
zurückkommen wird. Nicht einmal der Mühe wert gefunden hier vorbei
zu kommen, nicht ein herzliches Wort. Was, was habe ich verbrochen?
Ich muss am Abend zu Anna. Fest für Rudi. Wie gern blieb ich zuhaus.
Schlafen – Schlafen, nichts wissen.

4.2.1931. Rief heute Dr. D. an und frug ihn, ob er seinen Onkel vor der
Abreise gesprochen hat. Er sagte: Ja, Montag Vormittag. (Also nach
meinem Morgengespräch mit A.) Und dass er mich aussertelefonisch
sprechen will. Ich bin um ½5 bei ihm, ich erwarte nichts Gutes.

4.2.1931. Also ich war bei Dr. D. Er sagte: »A. hat sich nicht über Sie
beklagt, aber er betont immer wieder, dass er eines erotischen Gefühls
nicht mehr fähig ist (als ob ich das verlangte), dass es ihn ennervie¬
re und quäle, dass Sie Zärtlichkeiten von ihm erwarten,dass er frei
sein will, zu tun, was ihm beliebt, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen
etc.« Ich erzählte ihm die Vorgänge dieses Winters und er meinte, dass
er seelisch vollkommen auf meiner Seite stehe und dass es ein Marty¬