Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 1.–2. Februar 1931


Ich nahm ein Schlafmittel. Um ½3 erwachte ich durch furchtbare
Schmerzen und hatte einen starken Gallenanfall. Ich hatte solche Angst,
dass meine Hausfrau das Stöhnen hören könnte, dass ich mir den klei¬
nen Polster in den Mund stopfte, denn ich hätte niemand öffnen können,
wenn jemand an meine Tür gekommen wäre. Gut, dass ich Papaverin bei
der Hand hatte, so dauerte es nur etwa 20 Minuten. A. heute um 12 Uhr
bei mir, sass starr und teilnahmslos an meinem Bett. Erst beim Fort¬
gehen fuhr er streichelnd über meinen Kopf und sagte: »Unglaublich,
wie hübsch du aussiehst, – auch gestern bei Ask.'s hast du fabelhaft
ausgesehen.« Ich brach in Thränen aus, all das Leid in mir löste sich
in einem Weinkrampf. Ich streichelte seine Hände und wir waren sehr
herzlich zu einander, so wie ich es mir immer wünschte.

Abend. Ich lag den ganzen Tag zu Bett, ging gegen Abend zu A., weil
Donaths auch hin kamen. Ich war sehr heiter und neckte mich mit D.
herum wegen A.'s Diät. Später zogen sich die beiden Herren zu einer
ärztlichen Besprechung zurück. Am Heimweg mit Ferry und Anny D.,
sagte Ferry: er finde A. physisch viel besser, auch A. habe ihm ge¬
sagt, dass er physisch nicht zu klagen habe. Nur seine Nerven seien
zerrüttet, seine Psyche etc.

Erst als ich allein zuhause war fiel mir das auf und dass Dr. D. mit
der Wiederholung dieser Aeusserung offenbar einen Zweck verfolgt hat.
Auch hat er gemeint, dass er mich in den nächsten Tagen zu sehen hofft.
Also offenbar eine Mission und offenbar hat sich A. in irgend einer
Art über mich beklagt. Mein Gott, ich werde noch wahnsinnig.

2.2. Ich frug heute Früh A. telefonisch, ob er sich vielleicht bei
Ferry über mich beklagt hat, da mir diese Aeusserung aufgefallen sei.
A. antwortete: »Beklagt – nicht so eigentlich. Ich habe nur über unsere
Beziehung gesprochen, weil sie zu dem ganzen Bild dazu gehört. Es ist
kein Grund daraus wieder eine langwierige Diskussion zu machen.« Ich
antwortete: »Du hast ganz recht, es wär auch ganz sinnlos.«