Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 14.–16. Januar 1931

A. wieder am Telefon in krankhaft gereizter Stimmung wegen Tele¬
grammen aus Amerika.

14.1.1931 (in der Nacht)

A. dort (bei Alma) ein anderer Mensch. Heiter geistvoll, trinkt Champagner. Für
mich nicht einen freundlichen Blick. Und doch habe ich gut ausge¬
sehen. Ich glaube, ich habe Fridell gefallen, aber trotz seiner Kul¬
turgeschichte existiert so ein Kerl nicht für mich. Andy Zsolnay
war auch besonders nett zu mir, findet meine Novellen »entzückend«,
aber ich vermag nicht mich anzubiedern, wie es nützlich wäre. Alma
sprühend wie immer. Aber wenn man sich nach keiner Richtung Zwang
auferlegst – - A. auf der Heimfahrt kein gutes Wort zu mir.

15.1.1931.

Mein Geburtstag. Ich habe es endlich so weit gebracht, dass Kinder
und Geschwister den Tag unbeachtet lassen. Und wenn nicht die alten
Tanten und Emmy R. mir durchaus an diesem Tag ihre Aufmerksamkeiten
aufdrängen würden, (für die ich ihnen gar keinen Dank weiss) könnte
man so schön vergessen -

Else krank, wenn auch unbeträchtliche Erkältung. Ich habe sie zu
Bett geschickt und aufgeräumt. Mittag bei A. gegessen, wo auch
Frieda war (er hat keine Ahnung dass mein Geburtstag ist). Abend
mit A. im Kino (Cap der Verlorenen mit Kortner, George, Birell), Beson¬
ders guter Film. Dann Weissen Hahn genachtmahlt. Kühle Freundlichkeit
von beiden Seiten. Meine innere Müdigkeit ist oft grenzenlos. Böses
liegt hinter mir und vor mir.

16.1.1931.

A. mich heute Früh angerufen und gefragt, ob nicht heute mein Ge¬
burtstag sei. Ich sagte ihm, dass er schon vorbei ist.–Ich hätte ihn
wenn auch nicht glücklich so immerhin überstanden. Ich hatte ge¬
hofft dass er überhaupt nicht daran denken wird, dass er in diese
Tage fällt. Ich habe nämlich nur im Vorjahr einmal erwähnt, dass er