Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 14.–19. Dezember 1930


fel). Gute Aufführung, aber das Stück war mir im Lesen lieber. A.' Be¬
finden besser. In einem Zwischenakt kam Frau Clauser zu mir, die
mit einer Freundin im Haus war und dann Helene Schnitzler. Die
erste freundliche Regung in dieser Familie. Sie hat offenbar von
D. gehört, wie ausser mir ich über A.'s Verfassung bin.

14.12. Dr. D. hat A. eine reizlose Diät verordnet, aber so schlampert, dass
man erst nicht weiss, was er essen soll. Gegen Mittag ein wenig mit
ihm spazieren gegangen. Viel Schnee. Die kleine Ullrich vom Deut¬
schen Volkstheater begegnet. Nachmittag bei Klara Hatvany, dann bei
Cary, Magdi. Ihre Wohnung ist sehr hübsch und ich habe mich sehr wohl
gefühlt, so lange ich dort war.

15.12. Für die morgigen Gäste alles Nötige bestellt. Wellesz, Frieda
und Bruder und Auernheimers. Auernheimer ist mir wichtig, um ihn
in gute Stimmung für den »Gang zum Weiher« zu bringen. Heute Nach¬
mittag Frieda, die auch sehr desparat über A.'s Befinden ist.

16.12. A. telefoniert, dass er sich heute viel wohler fühlt. Gestern
Abend Leo Vanjung und Kaufmann bei ihm. Vanjung soll spontan von
mir gesprochen haben (in sehr beifälligen Ausdrücken). Er hat ge¬
fragt,ob er mir Briefe, die an seinen Bruder Boris gerichtet sind,
(meine erste grosse Liebe als Mädchen) zurückbringen darf.

17.12. Der gestrige Abend sehr nett. A. weniger müd als sonst und ge¬
sprächig. Auernheimer sympathisch und anregend. Er ist kultivierter,
als die »Literatur« in Wien zu sein pflegt. Wetter neblig. Ich
innerlich müd. Lese ein wenig und schreibe an meiner Biographie.

18.12. Gestern Abend mit A. im Kino. »Westfront 1918«. Erschütternd,
aber nichts für unsere Nerven. Da sollen die Jungenhineingehen.

19.12. Kino (»Kibitz«). Furchtbarer Schund. Dann bei A. genachtmahlt.
Forciert heiter, forcierte Ungenzwungenheit, aber Trockenheit im Herzen
bleibt zurück. Er zeigt mir den neuen Schlafrock. Irgend ein Ver¬