Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 16. November 1930

Berlin, 16.11.1930.

Liebstes, nach unserem Telefongespräch hab ich Horch angerufen; – er
fährt wahrscheinlich Dienstag nach Wien – es kann aber auch Freitag
werden; er bittet Dich das Stück aber jedesfalls lieber zu schicken;
da er in Wien doch nicht lesen könnte. Ich hab ihm alles Nötige und
Ueberflüssige gesagt; rate Dir ihn in Wien (in der Josefstadt) für
alle Fälle anzurufen. Du bist Dir hoffentlich klar, dass sein
Einfluss in der Richtung Stückannahme völlig null ist (siehe Spiel der
Sommerlüfte.)

Neulich Elisabeth im Deutschen Theater. Ich hatte einen ganz starken
Eindruck, besonders von der Straub als Elisabeth.

Heute Vormittag bei Paul Goldmann und allerlei Telefon.
Zu Tisch bei Fischers, längeres Gespräch mit Dr. Bermann, den man erzie¬
hen könnte.–Ein Film wurde vorgeführt, den Bermann gedreht hatte für
häusliches Kino. Thomas, Heinrich Mann, Hauptmann, Renée Schickele im
Garten und von der Generation Fischer umgeben und umspielt, u.s.w.

Heute komm ich dran; – sowie Waldau. Dieser möchte gern den Sala,
ebenso wie Komödie oder Worte spielen und wird mit Reinhardt in diesem
Sinn reden (es wird aber nichts herauskommen). – Für heute Abend
steht der »Doktor« von Schönherr bevor; nachher mit Heini und
Donath. Heini und Ruth wohnen in einer Pension, da die Wohnung noch
nicht beziehbar; erst Mittwoch. – Morgen – muss ich mich photographieren
lassen; u. zw. von Frau Schröder, die ein Atelier (ehemals Biber) be¬
sitzt; ich konnte es aus opportunistischen Gründen nicht abschlagen.

Besprechungen mit Bibo (Kakadu), Mohrenwitz (amerikanische Filmsache,
Casanova resp. Kakadu), Schröder (wegen Liebelei-Ton-Hegewald-Oswald)
- Kreil – Wiegler, eventuell noch einem andern Ullsteinherrn stehen zu¬
nächst bevor.-

Ich bin etwas rede- und verhandlungsmüde, – halte mich im übrigen
gesundheitlich gut. Von Arbeit kann natürlich keine Rede sein. Ende der
Woche hoffe ich zuhaus zu sein. Lebwohl und sei von ganzem Herzen um¬
armt. Dein A.