Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 28. Oktober – 4. November 1930

28.10. Abend Alma, Werfel, Egon, Emmy, Hofrätin Z. und A. zum Nachtmahl
bei mir. Es hätte so hübsch und anregend sein können, aber A. hatte
Kopfweh und immerfort fielen ihm die Augen zu. – Das Essen war sehr
gut, der Tisch sehr hübsch, mit Weinlaub in Herbsttönen. Schade.

29.10. Kaltes Restlessen, A. bei mir. Vorher Kino. (Gottlob stummer
Film). A. recht gemütlich. Heute heiratet Heini in Berlin die Ruth
Albu. Wir tranken auf ihr Wohl. Hoffentlich wird es eine gute Ehe.
Vormittag am Friedhof. Vom Grab der Eltern lief ein Marienkäfer auf
mich zu.

30.10. Abend bei Anna mit Robert Eisler, der als Bub viel in unserm
Elternhaus war und jetzt Professor an der Sorbonne in Paris ist, hat
hier über eine Weltsanierungsidee Vortrag gehalten.

31.10. Mit A. im Kino. Sehr langweiliger Film und der ganze Abend
trübselig.

1.11. Gestern sehr liebenswürdige Absage von Wildgans und Wohlgemuth
wegen der »Dame«.

2.11. Gestern Nachmittag bei Clara Hatvany, die besser aussieht. Dann
mit A. Theater a. d. Wien. »Land des Lächelns« von Lehar. Sehr Puccini.
Aber suggestiv und Tauber ausgezeichnet. Nachher Weingartel genacht¬
mahlt. Die Musik hat mich enerviert, aber A. merkt nichts.–Im ganzen
gemütlich.

3.11. Mittag bei A. Recht stimmungslos. A. fährt nächste Woche nach
Berlin. Mir viel lieber als zu Weihnachten.

4.11. Mein Schlafmittel ausgegangen, daher schlaflos. Um ¼ 6 in der
Früh gebadet, dann an der Novelle geschrieben. Anruf von Fräulein Mizi
Friedmann im Auftrag von Erwin Weil, ob ich mein Stück »Dame« für
eine einmalige Aufführung in der Komödie hergeben würde. Ich lehnte
dankend ab. Ich habe bei Gisela Berger gesehen, dass man sich mit sol¬
chen Aufführungen nur schadet. Mittag Cary, Magdi. Nachmittag Diktat
Frieda.