Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 7.–12. Oktober 1930


im November.

8.10. Vormittag Suzanne Clauser bei mir, die von A. kam. Besprechung
wegen eventueller gemeinsamer Uebersetzung der »Schwestern". Hübsche
Person, aber irgend ein unangenehmer Zug um den Mund. Nicht ganz echt
im Wesen.

Abend im Volkstheater mit A. Drei kleine Stücke von Kurt Götz.
Ich warte unausgesetzt auf die Antwort von Wildgans. Aus den 14
Tagen sind schon 3 Wochen geworden. Ich warte, hoffe, bete und glaube.-
9.10. Während ich Frieda heute diktierte, kam Hofrat Pirquet unan¬
gesagt. Ich empfing ihn daher nur für wenige Sekunden, freute mich,
dass Frieda durch die offene Tür hörte, wie er zu mir sprach.

Abends mi[t] A. bei einem noch öderen Tonfilm: »Wie werde ich reich und
glücklich?« Nachher bei der »Linde« genachtmahlt. Heini heiratet
Ruth. A. scheint es recht gleichgültig zu sein.

10.10. Ganzen Tag zuhause. Arbeitsversuche ohne Animo, Gefühl von Er¬
kältung, etwas Halsschmerzen.–A. hat mich heute 4 Mal angerufen.

11.10. Kurzer Besuch A.'s am Vormittag. Ich be[g]leite ihn dann auf
Umwegen bis vor seine Türe. Gleichmässige Freundlichkeit. Mittag
speist ein Fräulein Therese Rethy bei ihm, Abend Frau Schneider mit
ihrem Freund Billiter. Mir sind all die Dinge heute wirklich egal.
Ich bin Nachmittag bei der Première der Gisela Berger. (Nachmittags¬
vorstellung in der Komödie). Nehme Magda mit.

Fräulein Lili Kraus hat von einem verheirateten Herrn Mandl in Berlin
ein Kind bekommen und pro forma einen Filmschauspieler letzten Ranges
geheiratet. Als sie im März bei A. drüben war, war sie schon in der
Hoffnung. Niemand wusste es. Eine feine Dame.

Sonntag 12.10. Heute Früh ruft A. mich an. Nach belanglosen Gesprä¬
chen über den gestrigen Nachmittag sagt er: »Heut Abend kommst du
wohl zu mir oder wenn du willst gehen wir vorher in ein Kino.« -