Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 22.–27. August 1930


Heute Vormittag Stadt Besorgungen, die mich ermüden und nicht freuen.
Nachmittag Frieda, irritante Gespräche und Diktat. Abend allein.

24.8. Abschiedsbesuche. Beisammensein mit Cary, innig wie immer. Meine
Empfindungen für Cary sind eigentlich die einzigen, die etwas von wirk¬
licher Zugehörigkeit haben. Aber er gehört seiner Frau und ich finde das
ganz richtig. A. 2 Tage nicht gesehen, ich bin erst heute Abend mit ihm.
25.8. Gestriger Abend Kino, vorher Spazierfahrt Cobenzl, dann bei ihm.

Alles still, trübselig. Was in ihm vorgeht weiss ich nicht und noch
weniger, was er von dieser Reise erwartet. Ich kann nicht mehr denken.

Fühle mich krank.

Marienbad 26.8.1930.

Strahlender Himmel, blau-auch nicht ein einziges Wölkchen, wundervolle
Luft weht beim Coupéfenster herein. Er und ich acht Stunden lang allein
er und ich- und kein einziges wärmeres Wort. Man macht Konversation, man
isst, man liest (ich habe einen ganzen Roman von Joe Lederer ausgele¬
sen).

Ankunft Hotel Weimar, reserviertes Appartement im 4. Stock. Ich bin sehr
müde und lasse ihn vor dem Abendessen allein spazieren gehen. Nach dem
Nachtmahl sagt er: »Du gehst wohl gleich schlafen, -ich bleibe in der
Halle«. »Ja«, antworte ich. -Hinauf, Türe zu, abgesperrt, Riegel vor, zwei
Phanodorm, zu Bett.

27.8. Ebenso schönes Wetter. Ich kümmere mich nicht um ihn bis er mich
um ½10 Uhr holen kommt mit Veilchen in der Hand. Wir sind beide sehr
freundlich. Zum Arzt wegen Diät, dann 2stündiger Spaziergang, Maxtal. Kon¬
versation, die nach und nach mühsam wird. Mittagessen bei »Winterling«, Gespräche
sehr literarisch, Corday, »Zug der Schatten« etc. Dann eine Weile in seinem
Zimmer. – Um ½7 circa wird er mich holen, bin neugierig, wie das weiter
werden soll.

Abend ½11. Im Kino (Der Mädchenhirt), dann Teplerhaus genachtmahlt, durch