Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 30. Juli 1930


glaub auch Du mir, dass meine Nerven sich auch nicht in guter Verfas¬
sung befinden und dass ich insbesonders nicht immerwieder für ein so¬
genanntes Verhalten verantwortlich gemacht werden möchte, in dem keiner¬
lei Absicht, gewiss keine böse, zu sehen ist, das in Eigenheiten, viel¬
leicht in Mängeln meines Wesens begründet ist und das doch in sieben
Jahren das gleiche geblieben ist.

Wenn Du heute sagst, Liebes, dass es eher angeht eine gute Beziehung
durch ein paar Wochen des Getrenntseins zu unterbrechen, als eine ge¬
trübte, – so darf ich vielleicht mit gleichem oder höherem Recht das
Gegenteil behaupten. Ich für meinen Teil finde jedenfalls, dass diese
abgelaufenen Wochen für unsere gequälten Nerven, auch für Deine,– besser
gewesen sind, als die unmittelbar vorhergegangenen Wochen oder Monate -
die Dir schlimmer erschienen sind als die zehn Jahre Deiner
unglücklichen Ehe.

Solch ein Winter (und Frühling) wie wollen es noch einnal sagen, darf
nicht wiederkommen; – und – ohne irgend ein Programm aufzustellen -
unter den gegenwärtigen Umständen, so wie sich unsere Beziehung entwi¬
ckelt hat, ist die Atmosphäre, in der sie sich erholen, gedeihen und viel¬
leicht wunderschön werden kann: Freundschaft.

Was nun meine Rückreise anbelangt, ist es ebenso denkbar, dass ich sie
schon ein paar Tage vor dem 10. August als ein paar Tages nachher antre¬
ten werde; – eventuell werden ich Dir einen Vorachlag machen, wo wir uns
- zwischen Wien und Innsbruck treffen könnten; – bei dem jetzigen
Zustand meiner Nerven (und meines Magens) ist es allerdings wahrschein¬
lich, dass ich direkt nachhause fahre und erst im letzten Drittel
August Wien wieder verlasse, worüber mir uns miteinander im persönli¬
chen Gespräch einigen werden.

Heini und Ruth dürften von hier nach Mailand fahren und dort mit Arnoldo
zusammentreffen; ein Zusammensein mit O. ist, soweit ich unterrichtet