Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 20.–22. Juli 1930

N. Mittag. Telegr. Antwort: [»]Wegen mässigem Befinden nur Karten geschrie¬
ben. Heute sehr wol fahre eben Pontresina schreibe morgen nach Wien.«
Also nichtmahl ein Brief unterwegs.

Ich war 1½ St mit Trebitsch nur um nicht allein zu sei[n]. Er machte Andeutungen
als ob A. sich für Fr. Cl. Interessierte. Erzählte sie hätten sie bei einem
gemeinsamen Abendessen bei der »Weide« (Lainz) an einem ander[n] Tisch gese¬
hen und gegenseitig ihr Entzücken über sie geäussert. Von ihm bösartig
gemeint, aber ich sagte darauf, dass A. sie nett findet und ich auch und
dass sie sehr hübsche Kinder und einen jungen symp. Mann hatt (ich nahm es
damals wirklich ganz harmlos. Anmerkung Juli 1932 wo ich auch das Gespräch
mit Tr. dass mir seinerzeit völlig belanglos schien hinzufüge.)

Brief von Dr D.; Die letzten Gespräche mit dem Onkel haben ihn nachdenklich
gemacht, er hätte von einer »Entspannung« gesprochen. Er (Dr D) hofft mich bei
meiner Rückkehr eingehend zu sprechen –

Womit hab ich das Alles verdient. Ich leide. Jemand erschiessen ist viel
barmherziger.

22. 7. Ich gehe viel hoffnungsloser fort als ich gekommen bin. Ich fühle
alles voraus was mich erwartet – Carry ist der einzige Lichtblick.

Gestern N. M. kam unerwartet Carris u. Magdas Grossmutter aus Franzensbad
mich besuchen. ich brach vor ihr in einem Weinkramf zusammen. Ich kann jetzt
kein bekanntes Gesicht sehen.

22. n. M. im Coupé. Ich fürchte den Brief der mich erwartet. Seit einer
Woche keine Wort kein Wunsch für eine gute Heimfahrt (ganz gegen seine
[son]stige Art) nichts als ein flüchtig hingeworfener Gruss.

Und dabei Schmerzen. Mit allerlei Medikamenten meinen Darm-Zustand ein¬
gedämmt.

(später) Ein klaarer blauer Himmel wie schon lange nicht spannt sich über der
Erde aus. Möge auch ihn dieser Himmel diese Erde an ferne schönere Zeiten
gemahnen.