Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 15. Juli 1930


gefühlsmässigen Einstellung zu suchen.

Hat sich diese durch die Trennung zu meinen Gunsten geändert, dann
werde ich es mit grosser Freude begrüssen.

Nein, mit Freundschaft oder einer ihrer Ableger begnüge ich mich nicht
und reagiere ich nicht mehr.

Es ist ja immerhin möglich, dass wir uns in Jahr und Tag einmal in
Freundschaft wiederfinden, heute geht das nicht. Und sind nicht die Aus¬
sichten für glücklichere Zeiten gegeben, dann werde ich bei Deiner Rück¬
kehr aus der Schweiz weder in Wien noch sonstwo für Dich zu finden
sein. Einem Jahr wie dem vergangenen fühle ich mich physisch und psych¬
chisch nicht mehr gewachsen und auch für Dich käme nichts Gutes dabei
heraus.

Die Antwort bedarf nicht vieler Worte, Du musst und sollst Dich nicht
mit einem langen Brief ermüden. Ich werde auch aus zehn Worten – und
vielleicht sind es auch noch weniger – doch das Wesentliche heraus¬
lesen.

Ich lege zwei Bilder bei, da ich hier, ohne dass ich es wusste, zweimal
gefilmt und dann verständigt wurde, wo die Bilder zu haben sind. Sie
sind nicht sehr gut, aber vielleicht bin ich Dir dadurch gegenwärti¬
ger und Deine Antwort weniger – verkrampft.

So gern ich reise, so gerne ich in einer schönen Gegend bin, es geht
nicht um das. Bist Du reisemüde, so bleiben wir eben in Wien. Nur
wie wieder zueinanderfinden steht zur Frage. Und in diesem
Sinn erwarte ich Deine Antwort. Bitte lasse mich nicht lange warten.
Möge es dir dort sehr sehr gut ergehen. In Herzlichkeit Deine C.K.