Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 5. Juli 1930

Karlsbad, Haus Orborn,

5.7.1930.

Mein liebes Kind. Ich habe eben den »Zug der Schatten« nochmals
gelesen und bleibe im wesentlichen bei allem, was ich schon schrieb.
Den einzigen wirklichen Fehler sehe ich in dem Kaffeehausbild. Es ist
unmöglich, dass Richard auf S.76 sagt: »Ich fühle, -ich fühle, dass ich
Franzi liebe[«] und auf S.80 schon emsig an dem Abschiedsbrief schreibt,
zu dem er sich offenbar schon auf S.77 beim Kellner Papier und
Tinte bestellt, und ohne, dass der gewisse Tropfen gefallen wäre, der den
Krug übergehen lässt und entschlussfähig macht. Richard müsste hinter
seiner Zeitung auf das Wort lauern, ein solches Wort muss fallen, viel¬
leicht durch Dregulein auf S.80 nach den Worten: »Man kann nie wissen« --
Dann erst verlangt Richard vom Kellner Briefpapier und wirft wie ein
Wahnsinniger, aber nicht emsig ein paar Zeilen hin, die sicher stärker
sein können als ein langer Brief.

Im Übrigen finde ich das Bild, wie ich schon schrieb, ganz ausgezeichnet
und alle Bilder bis auf den Logengang.

Hier würde ich nach Berns Worten zur Roveda: “ -- von meiner Loge aus «
Helene die Logentür öffnen,– heraussehen und wieder verschwinden las¬
sen, worauf die Roveda spöttisch sagt: »Ei sieh doch, man ist wohl eifer¬
süchtig -- nun geh nur zu deinem Bräutchen«. Sie könnte vielleicht noch
hinzufügen, dass Menschen mit moralischem Bedenken eben kein Talent
haben Stücke zu schreiben und wie im Widerspruch dazu, kommt gerade
Richard die Stufen herauf: »Ah, Herr Bern, ich gratuliere, das wird ein
grosser Erfolg.« Die Roveda verschwindet in ihre Loge. Hier sind Stri¬
che unbedingt nötig. Dagegen würde ich das Gespräch zwischen Fricke
und Helene S.255 (auch im Logengang) durch einige bedeutsame Sätze
über das Stück bereichern.

Auf S. 257 sollte Fricke zu Frau Veith sagen: »Nun wird ja wohl alles gut.«
Niemand sollte die Verlobung noch als ganz sicher betrachten.
Nun zum letzten Bild. Ludwig sollte unbedingt nach dem Gespräch mit