Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 9. Juli 1930

Wien, 9.7.1930.

(nach Karlsbad)

Mein Liebes, beinahe alles stimmt, was Du über den »Zug« sagst, -vor
allem die besondere Schwäche des 7.Bildes (Logengang); – auch die Un¬
vermitteltheit des Entschlusses im Kaffeehaus-Akt,– in Hinsicht auf
Richard Helene, Roveda bin ich nicht so überzeugt.–Im ganzen bleibt
es mir einmal was ziemlich unbeträchtliches.

In der Corday find ich die Traumscene vieleicht das beste, was Du je
geschrieben; die Verse mit ein paar kleinen Ausnahmen schön, der Bau
des Ganzen sehr gelungen; -wichtig würde sein die Gespräche zu
konzentrieren und zu intensivieren – die Gespräche könnten fast alle
kürzer sein. Gegen Vorspiel und Nachspiel werden Bedenken nicht fehlen; -
ins Buch gehören sie jedenfalls. Angest[r]ichen habe ich beinah nichts;
denn im einzelnen ist gegen die Führung des Dialogs kaum etwas einzuwen¬
den. Verdichtung tut not (nicht überall). Publikation der Traumscene
schiene mir vorteilhaft – vielleicht auch für das Schicksal des Stückes
im äussern Sinn.–

Ich hatte heute einen elenden mühseligen Tag. Vormittag brachte ich
Gustav ins Child-Sanatorium (die einstige gynökologische Abteilung bei
Löw). Besprechung mit dem Assistenten Dr. Hammerschlag, Julius; -Gustav
wollte sofort wieder fort; – heute Abend fand ich ihn bedeutend ruhi¬
ger, so dass ich fast Hoffnung hege ihn zum Verbleiben zu bestimmen.-
Vor diesem späten Abendbesuch bei Dr. Geyer im Josefstätter Theater. Ge¬
spräch über Weites Land Edthofer, – schon ist Widerstand von Berlin her
zu spüren. Vor allem will Geyer natürlich das neue. Ich denke ihn
Anfang September nach Korrektur den »Zug« lesen zu lassen. Eine junge
Schauspielerin sprach uns die W.... vor, aber das dauerte nicht lang.-
Noch früher Tonfilmverhandlungen: Direktor Deutsch (so hat jeder den
seinen), Dr. Müller, Dr. Hofmann. Habe den Eindruck, dass auch hier Gegen¬
strömungen am Werk; – jedenfalls noch fern vom Abschluss.-

Gestern Dr. Lipzin und Frau; er zeigt mir die Vorabeiten zu seinem Buch