Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 3. Juli 1930


empfange, ich möcht ein ander Mal vorbeikommen etc. Ich muss noch eine
Stunde warten, dann habe ich die Karte in der Hand. Ich rase in der
Mittagshitze zum Kaiserbad, um mir noch ein Bad für morgen zu sichern,
die Kasse leider schon zu. Ich lande etwas müde und hungrig gleich da¬
neben bei Pupp. Da ich das mit der Freikarte erreicht habe, kann ich mir
schon ein ordentliches Mittagessen gönnen: Naturschnitzel mit Salat,
Zitrone statt Essig, Pfannkuchen, eine Giess, 44 Ck. inkl. der Trinkgeld¬
abgabe. Furchtbar viel. Was bekommt man da schon im Imperial! Von 2-4
sehr erschöpft am Divan gelegen und gelesen. Jetzt muss ich wieder we¬
gen der Badeanweisung ans andere Ende von Karlsbad zum Kaiserbad lau¬
fen und um 6 Uhr zum Brunnen. Ab morgen hoffe ich mit dem ruhigeren
Kurleben zu beginnen und auch irgendwie ins Grüne zu kommen. Wenn Karls¬
bad mir bisher noch keinen Eindruck gemacht hat, so liegt das wohl in
mir und den Umständen. Gestern Früh am Ende der Schlossbergstrasse traf
ich Ferda Bloch mit Frau von Eyk. Sie waren eben im Begriff per Auto abzu¬
reisen und ich sprach sie kaum eine Minute. Sonst kein bekanntes Gesicht.
Das Wetter ist herrlich, täglich wölbt sich derselbe blaue Himmel. Ich
hoffe, es geht Dir sehr gut und Du hast es jetzt ganz so, wie es Dir und
Deiner Arbeit zuträglich ist. Ich wünsche es Dir vom Herzen.

Ich sende den Brief jetzt ab, da er nun einmal geschrieben ist und Du
einen ausführlichen Bericht wolltest. Ich gehe eben zu Dr. Deutsch,
da er wohl noch nicht ausgeht, aber zu sprechen ist. Das zweite Glas Mühl¬
brunn gestern hat mir nicht sehr wohl getan und ich muss mich mit ihm
beraten.–Von Dir noch keinerlei Nachricht. In Herzlichkeit Deine Cl.K.
Eben im Weggehen kommt Dein erster Expressbrief. Innigen Dank, muss lei¬
der jetzt fort. Morgen Fortsetzung oder Antwort. Werde Sonntag 9-10 wunsch¬
gemäss in der Nähe des Telefons sein. Alles Liebe.