Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 10.–14. Juli 1930

Erstes Glas Schlossbrunnen. Dann wieder schwere Depression. Ich
eile nach Hause, Tränen stürzen mir aus den Augen. Ich sehe jede
Ader an meinem Hals klopfen.

11.7. Brief von A. Findet, dass ich mit allem, was ich ihm über »Zug
der Schatten« schrieb Recht habe und lobt die »Corday«. Freue mich
über die Anerkennung, aber ein zärtliches Wort wäre mir lieber. Mit
Baronin Guttmann bei einem langweiligen Goethe-Vortrag.

12.7. Anruf A. Kein gutes Gespräch. Er fährt Mittwoch mit Heini nach
St. Moritz, wird Dienstag nochmals anrufen. Fragt mich, was ich nach
Karlsbad tue. Er sol[l] nicht glauben, dass ich da sitzen werde und
warten, bis er mir gnädig winkt. Mir ist sehr elend zumut.

Nachmittag mit Siegfried Trebitsch. Oeder, unsympathischer Mensch.
Später bei Brunnen Aslan begegnet. Er ist sehr schön. Ich sehe ihn
in meinem Stück als Barbaroux.

13.7. Immer finsterer wird es in mir, immer mehr fühle ich, dass nichts
mehr zu retten ist. Wenn nicht der Gedanke an meine Kinder, an Cary
wäre, wer weiss, wohin ich gleiten würde.-

Ich komme mit Menschen zusammen, die mich anöden, nur weil ich mich
vor dem Alleinsein fürchte.

14.7. Frieda schreibt: »Sie haben es bestimmt schwer, ich spüre alles,
was Sie empfinden müssen – leider haben Sie davon herzlich wenig.«

Ich bin gestern den ganzen Nachmittag mit Weinkrämpfen im Bett gele¬
gen. Heute mit Baron Guttman dejeuniert. War froh, als ich wieder in
meinem Zimmer war.